Der Weg zum Gesundheitszentrum Wynigen
09.09.2020 Aktuell, Wynigen, Gesellschaft, Region, RüedisbachDer Grossaufmarsch zum öffentlichen Informationsanlass in Bezug auf das Gesundheitszentrum im Dorf zeigte das grosse Interesse der Bevölkerung an diesem Projekt. Gemeinderatspräsident Fabian Horisberger rief den Anwesenden in Wort und Bild den Ablauf der Abklärungen der vergangenen fünf Jahre bis zum heutigen Tag in Erinnerung. Durch das Näherrücken der Pensionierung des Hausarztes Dr. Matthias
Wildbolz war und ist es natürlich immer noch von grosser Wichtigkeit, die gesundheitliche Grundversorgung in der Gemeinde sicherzustellen. Mit der Standortwahl, Gesprächen mit den Grundeigentümern und Planern sowie mit Dr. Matthias Wildbolz und möglichen Praxisbetreibern, Projektstudien, Gesprächen mit Denkmalpflege und Experten usw. investierte der Gemeinderat von Wynigen sehr viel Zeit und Energie in das Projekt. Leider scheiterte die erste Suche nach einer Nachfolgelösung, aber in einem zweiten Schritt fand Dr. Matthias Wildbolz mit der Medaxo AG den gewünschten Partner. Überraschend und sicher zur allgemeinen Beruhigung der Bevölkerung muss die Praxis nun doch nicht per Ende Jahr geschlossen werden, sondern wird per 1. Oktober 2020 unter neuem Namen mit dem bestehenden Team weitergeführt. Zwischenzeitlich wurde unter der Federführung der PraxaMed Center AG, Lyssach, unter Mitwirkung der Regionalspital Emmental AG und der Spitex Region Lueg die Ärztezentrum Wynigen AG gegründet.
Zur Situationsänderung für die PraxaMed Center AG in Lyssach nahm Bernard Sallin Stellung. Er betonte ihr engagiertes Vorgehen unter dem gegebenen Zeitdruck, um damit einer eventuellen Lücke der medizinischen Versorgung in Wynigen entgegenzuwirken. Mit der doch überraschenden Übernahme der Hausarztpraxis durch die Medaxo AG ergibt sich für sie eine Konkurrenzsituation, in die sie unter den gegebenen Umständen nicht einzusteigen gewillt ist und sich deshalb aus dem Projekt zurückzieht.
Anton Schmid, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Spitals Emmental, kommentierte den momentanen Stand aus seiner Sicht. Eine nachhaltige Lösung für Spital, Hausarztpraxis und Bevölkerung sei sehr wichtig. Das Spital Emmental macht sich stark für eine wohnortsnahe Versorgung, denn der integrierten Versorgung gehört seiner Ansicht nach die Zukunft. Die Hausärzte besitzen das Vertrauen der Bevölkerung. Damit das so bleibt, brauchen junge Ärztinnen und Ärzte einen attraktiven Arbeitsplatz wie z. B. in Wynigen.
Andreas Bütikofer, Geschäftsführer der Spitex Region Lueg, bezog ganz klar Stellung für den Standort Wynigen. Der Wunsch der Bevölkerung nach Pflege und Betreuung zu Hause würde weiter zunehmen und somit das Leistungsangebot der Spitex immer wichtiger werden. Die Zusammenarbeit mit dem Hausarzt ist für sie von grosser Wichtigkeit. In ihren Räumlichkeiten im Wohnpark stösst die Spitex an ihre Grenzen und ist deshalb auf mehr Platz angewiesen.
Fabian Horisberger legte offen, was in finanzieller Hinsicht auf die Gemeinde zukommen würde. In den berechneten Kosten der Wynus AG von total 2 245 000 Franken sind Grundausbau, Innenausbau ohne Mobiliar und sechs Einstellhallenplätze enthalten. Die jährlichen Folgekosten für die Gemeinde durch den Erwerb des Stockwerkeigentums im 1. OG würden sich auf circa ein halbes Steuerzehntel, also 100 000 Franken belaufen.
Zusammenfassung
Der Bedarf für Räumlichkeiten einer Gruppenpraxis für eine nachhaltige Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung zeichnet sich nach wie vor ab. Weitere Interessen von eventuellen Nutzern wie Hebammen, Kinderpsychologen, Ernährungsberatung oder Erweiterung des Physioangebotes sind vorhanden. Die Spitex Region Lueg zeigt sich sehr interessiert daran, ihren Standort in Wynigen zu behalten und mit eigener Finanzierung im EG einzusteigen. Die Sicherheit für eine Rundumbetreuung ist keinesfalls in Franken messbar und für die Gemeinde ganz sicher eine Steigerung der Wohnortattraktivität. Natürlich sind auch Risiken vorhanden. Für den Fall, dass keine Gruppenpraxis zustande kommen würde, müsste Plan B in Form einer Umnutzung zum Zuge kommen, was weitere Kosten zur Folge hätte. Ein weiterer Effekt könnte eine Steuererhöhung sein und andere Investitionen müssten unter Umständen zurückgestellt werden. In der anschliessenden Diskussionsrunde sprachen sich die Rednerinnen und Redner mehrheitlich dafür aus, das geplante Projekt umzusetzen.
Die Gemeindebürgerinnen und -bürger sind aufgerufen, am 27. Oktober 2020 an der Gemeindeversammlung zu erscheinen und zu den beiden folgenden Traktanden Stellung zu nehmen:
1. Zustimmung zur selbst gewählten Aufgabe: «Nachhaltige Sicherstellung einer umfassenden gesundheitlichen Grundversorgung»
2. Beschluss zum Erwerb der Stockwerkeinheit im 1. OG zur Vermietung als Praxisräumlichkeiten
Rosmarie Stalder