Mehr als «Hungg» im Emmental
18.10.2013 Aktuell, Lützelflüh, Gesellschaft
Während Markus Imhoofs Oscar-nominierter Dokumentarfilm «More than Honey» international für das Bienensterben sensibilisiert, befassen sich auch die Emmentaler Imker intensiv mit den Gründen für die hohen Verluste an Bienenvölkern. Im Rahmen eines Vortragsabends informierte Dr. Jochen Pflugfelder über die aktuellen Forschungsergebnisse zur Bekämpfung der Varroa-Milbe, welche die Hauptursache für das Bienensterben darstellt.
Ein gefüllter Hörsaal
Der grosse Saal des Gasthofs Ochsen bot am letzten Freitag kaum genug Platz, um dem grossen Andrang gerecht zu werden: An die 200 Imker und sonstige Bienen-Interessierte waren nach Lützelflüh gereist, um sich den Vortrag von Dr. Jochen Pflugfelder, Wissenschaftler am Zentrum für Bienenforschung Agroscope in Liebefeld und selbst Imker, anzuhören. Die Organisatoren, Mitglieder der drei Bienenvereine Trachselwald, Oberemmental und Unteremmental, waren erstaunt und erfreut, dass ihr Anlass so viele Gäste anzuziehen vermochte.
Die Varroa – hartnäckiger Feind der Honigbiene
Thema des Vortrages war die Bekämpfung der parasitischen Milbe «Varroa destructor», welche die bei uns heimischen Honigbienen befällt und als Überträger verschiedener Viren ein Bienenvolk ohne Behandlung in ein bis zwei Jahren tötet. «Die Milbe ist die Hauptursache für die hohen Verluste», so Pflugfelder. Die bisher üblichen Behandlungsmethoden – mit synthetischen Varroaziden – seien dabei nur ein Tropfen auf den heissen Stein, gab er zu bedenken. Besonders die zunehmende Resistenz der Milben gegen die verschiedenen Bekämpfungsmittel zeige die eindeutigen Grenzen dieser Vorgehensweisen auf. Zudem stelle auch die Re-Invasion nach der Behandlung, also das erneute Eindringen von Milben aus befallenen Völkern, ein grosses Problem dar. Aus diesem Grund erforscht er mit einem kleinen Team in Liebefeld nachhaltige Bekämpfungs-Strategien.
Auf Koordination setzen
Als derzeit einfachste Massnahme empfiehlt der Bienenforscher eine koordinierte Behandlung, bei welcher möglichst alle Imker innerhalb eines gewissen Umkreises die Behandlung an einem festgelegten Tag durchführen sollen. Bei Versuchen im Seeland habe man bereits Erfolge mit dieser Methode verzeichnen können. Eine Möglichkeit zur nachhaltigen Lösung des Problems sieht er hingegen eher in der Zucht, wobei gezielt diejenigen Honigbienen selektioniert werden sollen, welche trotz Varroa-Befall überleben können. Dazu wird der Forscher im nächsten Jahr ein Projekt mit interessierten Imkern durchführen. Er ist überzeugt, dass, wenn ihm auch in Zukunft die notwendigen Forschungsmittel für die Erforschung wirksamer Bekämpfungsmethoden erhalten bleiben, eine rasche Verbesserung der Situation in der Schweiz herbeigeführt werden kann.
Motivation ist vorhanden
Wie gross angesichts des Problems die Ratlosigkeit der Imker und wie gross entsprechend das Interesse an neuen Lösungsansätzen ist, zeigte sich in der anschliessenden Podiumsdiskussion.
Sowohl die Vertreter der drei Emmentaler Bienenvereine als auch die Beitragenden aus dem Publikum konnten von den Problemen bei der Behandlung der Milbe berichten. Pflugfelders Ansatz, die Behandlung zu koordinieren, stiess dabei rundum auf Anklang.
Man war sich einig: Sowohl auf Vereinsebene als auch mit individueller Absprache unter benachbarten Imkern stelle dieser eine Chance dar, den hohen Verlusten an Bienenvölkern Einhalt zu gebieten.
Sara Steffen