Zu Fuss einmal quer durch die Schweiz
26.02.2025 Sport, Aktuell, Gesellschaft, Burgdorf, RegionDer gebürtige Burgdorfer Dominik Kelsang Erne sorgte in der Vergangenheit mit seinen Erfolgen an 24- und 48-Stunden-Rennen und mit seinen Teilnahmen an Ultra-Marathonen für Schlagzeilen («D’REGION» berichtete). Im Jahr 2023 erreichte er an der 48-Stunden-WM in England den vierten Rang im Gesamtklassement. Im Dezember des vergangenen Jahres lief er in Barcelona an einem 24-Stunden-Rennen unglaubliche 241 Kilometer. Grosse Distanzen in beeindruckend kurzen Zeiten zu Fuss zurückzulegen, bereiten dem mittlerweile in Genf wohnhaften Läufer folglich keine Probleme.
Solidarität für Tibet
Beim Projekt «We Run for Tibet» verknüpft der 44-Jährige nun seine grosse Leidenschaft Laufsport mit einer weiteren Herzensangelegenheit. Der Schweizer mit tibetischen Wurzeln will mit dem Event, welchen er gemeinsam mit der Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft (GSTF) organisiert, ein Zeichen für Frieden und Solidarität setzen und auf die noch immer stattfindende Unterdrückung Tibets aufmerksam machen. Am Samstag, 8. März 2025, startet Dominik Erne in Trogen (AR) seinen Lauf, der ihn über St. Gallen, Winterthur, Zürich, seine alte Heimat Burgdorf und die Bundeshauptstadt Bern nach 380 Kilometern schliesslich am 10. März 2025 bis vor das UNO-Gebäude in Genf führen wird. «Das Datum fällt mit dem Jahrestag des tibetischen Volksaufstands gegen die Volksrepublik China am 10. März 1959 zusammen. Im Zuge des Aufstandes begaben sich Tausende Tibeterinnen und Tibeter auf die Flucht. Deshalb finden an diesem Tag alljährlich Demonstrationen statt. Mit unserem Projekt wollen wir ein dynamisches, friedliches Zeichen setzen, bei welchem letztendlich Sport, Kultur und Politik verknüpft werden», erläutert Dominik Erne. Es gehe ihm darum, mit seiner grossen Leidenschaft für den Ausdauersport etwas zu bewirken.
Das Laufprojekt «We Run for Tibet» wurde im Jahr 2022 in noch kleinerem Rahmen ins Leben gerufen. «Damals führte die Route von Bern nach Genf. Dieses Mal ist das Projekt grösser und es sind ein paar Kilometer dazugekommen», so der Athlet lächelnd.
Ein neuer Schweizer Rekord ist möglich
Die 380 zu laufenden Kilometer sind laut Dominik Erne zudem eine Hommage an die rund 740 Kilometer, welche die Flüchtenden nach dem tibetischen Volksaufstand im Jahr 1959 zurücklegen mussten, um in Sicherheit zu gelangen. Doch auch auf sportlicher Ebene sind die 380 Kilometer von Bedeutung. Gelingt dem ambitionierten Sportler das Zurücklegen der Route, die ihn einmal quer durch die Schweiz führt, wie geplant unter 59 Stunden, wäre das neuer Schweizer Rekord. «Als Sportler habe ich natürlich einen gewissen Ehrgeiz. Ich habe die Strecke bereits mit dem Velo abgefahren, und habe grossen Respekt vor der Challenge, doch ich fühle mich gut in Form und weiss daher, dass es für mich realistisch ist, in unter 59 Stunden von der Ostschweiz nach Genf zu gelangen. Dennoch steht der sportliche Erfolg bei diesem Projekt nicht an erster Stelle», hält er fest. Ein Zeichen für Frieden und Solidarität setzen zu können, sei viel wichtiger.
Damit dies gelingt, erhalten Dominik Erne und die GSTF zahlreiche Unterstützung von weiteren Läuferinnen und Läufern, Politikerinnen und Politikern sowie weiteren berühmten Persönlichkeiten. So haben etwa Fabian Molina (Nationalrat), Mario Fehr (Regierungsrat Zürich), Maya Graf (Ständerätin Baselland), Nicolas Walder (Nationalrat), Wangpo Tethong (Executive Director International Campaign for Tibet), Yangzom Brauen (Schauspielerin, Tibet-Aktivistin) oder Francisco Rodriguez (Ex-Fussballprofi) bereits zugesagt, Dominik Erne und das Projekt zu unterstützen. «Das freut mich natürlich sehr», freut sich der Ultraläufer und ergänzt: «Es können alle, die möchten, beim Teilen des Laufs mitmachen.» Der Lauf von Dominik Erne kann dank GPS-Tracking virtuell verfolgt werden. Es existieren zudem verschiedene Möglichkeiten – wie etwa durch den Beitritt der «Strava»-Gruppe «We Run For Tibet» – das Projekt zu unterstützen und das Zeichen, welches Dominik Erne mit seinem Lauf setzt, zu verstärken.
Vom Kinderdorf Pestalozzi über Burgdorf vor das UNO-Gebäude in Genf
Die Routenpunkte sind von «We Run for Tibet» nicht zufällig gesetzt. Nach dem Start beim Kinderdorf Pestalozzi in Trogen (AR) führt die Route nach Rikon zum Tibet-Institut, wo ein spezieller Empfang geplant ist. «Von da geht es weiter zu den Hauptbahnhöfen in Winterthur und Zürich, wo sich eine grössere Menschenmenge befinden wird. Im Grossraum Zürich ist auch ein grosser Anteil der tibetischen Gemeinschaft in der Schweiz zu Hause», weiss der Läufer, der beim Projekt auch die Rolle des Mediensprechers einnimmt. Schliesslich geht es weiter in Richtung Bern und seiner alten Heimatstadt Burgdorf. Bis im Alter von 17 Jahren war die Zähringerstadt Dominik Ernes Heimat. «Ich freue mich, alte Bekannte wiederzusehen und habe noch heute einen speziellen Bezug zu Burgdorf. Ich wuchs in nicht so leichten Verhältnissen auf. Meinem ehemaligen Tischtennistrainer Martin Meierhans sowie meinem ehemaligen Lehrer Hans Rudolf Kummer habe ich im sportlichen wie im menschlichen Bereich sehr viel zu verdanken, da sie mich immer unterstützt und gefördert haben. Daher wird es für mich sehr speziell sein, bei diesem für mich wichtigen Projekt in der alten Heimat vorbeizuschauen und hoffentlich sie und viele weitere wiederzusehen.» Denn gerade weil der sportliche Erfolg nicht das oberste Ziel des Runs sei, könne er sich auch etwas Zeit nehmen für einen kurzen Schwatz. «Zudem habe ich, wenn ich in Burgdorf angelangt bin, rund 200 Kilometer zurückgelegt und kann deshalb mit etwas weniger Tempo laufen», sagt Dominik Erne mit einem Augenzwinkern. Via Bundesplatz in Bern wird der Weg über Fribourg und Lausanne weitergehen bis zum Ziel vor dem UNO-Gebäude in Genf. Die Durchgangszeiten in den Städten und Ortschaften werden rechtzeitig auf der Website www.werunfortibet.com bekanntgegeben.
Vergangenes Wochenende nahm Dominik Erne an einem Trail in Gran Canaria teil und legte dabei 127 Kilometer zurück. «Eine optimale Vorbereitung», kommentiert Dominik Erne lachend. Für das Jahr 2025 steht auch noch die 48-Stunden-WM an, wo Dominik Erne sein gutes Resultat von vor zwei Jahren verbessern will. Doch zuerst steht für den Ausdauersportler mit «We Run for Tibet» ein Herzensprojekt an. Ein Herzensprojekt, welches ihn zu Fuss quer durch die Schweiz führt.
Joel Sollberger
www.werunfortibet.com