Vielseitige Lebensräume: Erkundungstour durch die Kiesgrube Grünenmatt
10.07.2024 Region, Aktuell, GesellschaftDie Emme Kies + Beton AG öffnete am Samstag, 29. Juni 2024, ihre Tore zur Kiesgrube in Grünenmatt. Die öffentliche Exkursion wurde in Zusammenarbeit mit der Stiftung Landschaft und Kies organisiert. An drei Führungen erlebten die Gäste ein abwechslungsreiches Programm: von höhlengrabenden Vögeln über die Brutpflege der Geburtshelferkröte bis hin zum sogenannten Herrgottsbeton.
Unter der Leitung von Experten erhielten die 72 Gäste Einblicke in die vielfältigen Fördermassnahmen für diverse Tier- und Pflanzenarten und den Abbau von Nagelfluh.
Im Pfaffenboden zwischen Grünenmatt und Trachselwald wird seit 1894 Kies abgebaut. Wie im Emmental üblich, ist hier der Gesteinstyp Nagelfluh vorherrschend. Was das genau ist und welches seine Eigenheiten sind, erklärte René Frey, stellvertretender Geschäftsleiter der Daepp Beton AG. Die Nagelfluh besteht aus vielen verschiedenen Gesteinen, die ineinander verkittet sind. Dadurch entsteht die hohe Festigkeit. Die Sedimentgesteine wurden vor rund 28 Millionen Jahren von damaligen Alpenflüssen im heutigen Emmental abgelagert. In der Kiesgrube werden aus der Nagelfluh dann Wandkies und der bekannte Pfaffenbodenmergel gewonnen. Klaus Hess, Betriebsleiter der Emme Kies + Beton AG, erklärte, wie er und seine sechs Mitarbeitenden arbeiten, inklusive Demonstration von Bagger, Pneulader und Förderband.
Biologe Andreas Jaun kennt die Kiesgrube sehr gut. Er betreut die vier mobilen Standorte des «Lernort Kiesgrube unterwegs» (ein Umweltbildungsangebot der Stiftung Landschaft und Kies), an denen Schulklassen zu den Themen Biologie, Geologie und Kiesgrubenbetrieb in die Welt der Kiesgruben eintauchen können. Der Standort in Grünenmatt ist einer davon. Jaun führte die Gäste in die Welt der Amphibien ein. Die stark gefährdete Geburtshelferkröte – auch «Glögglifrosch» genannt – lebt auf dem Areal. Die zahlreichen Tümpel und Teiche, welche das Kieswerk und die Stiftung Landschaft und Kies als Fördermassnahme geschaffen haben, werden von der bedrohten Amphibienart dankend angenommen. Die Kröte, bei der die Männchen die Brutpflege übernehmen, ist besonders in der Nacht aktiv und anhand der hohen, singenden Rufe leicht erkennbar.
Auch viele andere Tiere finden im Abbaugebiet einen Lebensraum. Die ökologisch wertvollen Hecken an Böschungen und am Rand des Areals werden von Neuntöter und Zauneidechse bewohnt. In einem Sanddepot graben seit Kurzem die seltenen Uferschwalben ihre Bruthöhlen und auch bodenbrütende Wildbienen nutzen das Angebot an offenen Bodenflächen. Weiter werden Feldhasen und auch regelmässig Füchse gesichtet. Ruedi Christen, Bereichsleiter Naturschutz der Stiftung Landschaft und Kies, erklärt: «Die Dimensionen der Strukturen in einer Kiesgrube sind enorm.» Auf der gegenüberliegenden Seite weist er die Exkursionsteilnehmenden auf ein Erddepot hin, wo sich spontan eine Wildblumenwiese und weiter hinten ein Jungwald gebildet haben. Diese Strukturen scheinen auf den ersten Blick ungepflegt und wertlos. Für die Tierwelt sind aber genau solche Lebensräume wichtig. Und bewirtschaftet sind sie doch: Das Naturschutzteam der Stiftung Landschaft und Kies befreit die Bereiche regelmässig von invasiven Neophyten und landwirtschaftlichen Problempflanzen.
Zum Abschluss lud die Emme Kies + Beton AG die Gäste zum Apéro ein, bei dem sich Zeit zum Austausch bot.
zvg