Stefan Berger setzt sich im Duell gegen «König» Jonas Lauwiner durch

  26.11.2024 Burgdorf, Politik, Aktuell

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Burgdorf wählten am vergangenen Sonntag den Stadtpräsidenten, die sechs Mitglieder des Gemeinderats sowie die 40 Stadträtinnen und Stadträte für die Legislaturperiode 2025 bis 2028.

Stefan Berger setzt sich im Duell gegen den «König von Burgdorf» klar durch
Der amtierende Stadtpräsident Stefan Berger (SP) wurde bei den Wahlen vom parteilosen Jonas Lauwiner herausgefordert, dem selbsternannten «König von Burgdorf». Der Favorit setzte sich klar gegen den politischen Aussenseiter durch. Stefan Berger vereinigte 3 865 Stimmen (81,2 Prozent) auf sich, Jonas Lauwiner erzielte mit 892 Stimmen (18,8 Prozent) allerdings ein durchaus beachtliches Ergebnis. Burgdorf wird also nicht zum Königreich avancieren. Die Stimmbeteiligung lag bei 49,7 Prozent.
Damit wird Stefan Berger, der sich im Jahr 2016 bei den Stapi-Wahlen gegen die Mitbewerbenden Cornelia Weber (parteilos) und Francesco Rappa (damals BDP, heute «Die Mitte») durchsetzte und im Jahr 2020 in stiller Wahl im Amt bestätigt wurde, für eine dritte Legislaturperiode der Burgdorfer Exekutive vorstehen. Der bisherige und künftige Stapi hält fest: «Ich bin froh, dass die Burg­dorferinnen und Burgdorfer zwischen zwei Kandidierenden wählen durften und die Stimmbeteiligung mit knapp 50 Prozent ähnlich hoch ausfiel wie vor acht Jahren. Mit meinem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Das Resultat zeigt, dass die Bevölkerung die vom Gesamtgemeinderat und mir geleistete Arbeit honoriert und den bisher politisch eingeschlagenen Weg unterstützt und mitträgt. Auf die Stadt kommen in den nächsten vier Jahren zahlreiche Herausforderungen zu. Es stehen viele zentrale Geschäfte an, etwa in den Bereichen Schulraumplanung, Klimaschutzmassnahmen, Digitalisierung und Zentralisierung der Verwaltung. Umso wichtiger ist es für mich, dass mir die Burgdorferinnen und Burgdorfer ihr Vertrauen deutlich ausgesprochen haben. Ich bin überzeugt, dass wir die Stadt in der nächsten Legislaturperiode weiter vorwärtsbringen.»
Jonas Lauwiner zeigte sich im Gespräch mit der Zeitung «D’REGION» ebenfalls zufrieden mit seinem Abschneiden. «Ich erhielt knapp 900 Stimmen – eine durchaus stattliche Zahl. Mit meiner Kandidatur beabsichtigte ich, den Burgdorferinnen und Burgdorfern eine Wahl zu bieten. Ich danke allen, die mich gewählt haben. Es war zu erwarten, dass Stefan Berger als etablierter Politiker das Duell gewinnen würde. Das Verdikt des Volkes gilt es natürlich zu
akzeptieren.»

Gemeinderat: Die FDP kehrt mit Elias Maier in die Exekutive zurück
Das Rot-Grün-Mitte-Bündnis, bestehend aus SP, Grüne und EVP, verfügt weiterhin über vier Sitze in der siebenköpfigen Burgdorfer Exekutive und damit über eine politische Mehrheit. Wie Stadtpräsident Stefan Berger wurden auch alle drei bisherigen RGM-Gemeinderäte wiedergewählt. Ein Glanzresultat erzielte Peter von Arb (SP), der 3415 Stimmen auf sich vereinigte. Auch Beatrice Kuster Müller (EVP) schaffte die Wiederwahl mit 2911 Stimmen problemlos – ebenso wie Theophil Bucher (Grüne), der 2882 Stimmen erhielt.
Neu nimmt Michael Ritter (GLP) Einsitz in den Gemeinderat. Der Grossrat und Burgdorfer Gymnasiallehrer verteidigte mit 2539 Stimmen erfolgreich das GLP-Mandat von Christoph Grimm, der nach zwei Legislaturen auf eine erneute Kandidatur verzichtete.
Die bürgerliche Allianz, bestehend aus den Parteien «Die Mitte», FDP und SVP, die von der EDU unterstützt wurde, trat mit einem gemeinsamen Dreier-Ticket mit dem Bisherigen Francesco Rappa («Die Mitte») sowie Elias Maier (FDP) und Barbara Lüthi-Kohler (SVP), beide neu, an. Francesco Rappa erzielte nach Peter von Arb das zweitbeste Resultat und wurde mit 3007 Stimmen souverän wiedergewählt. Der vakant werdende Sitz von Charlotte Gübeli («Die Mitte»), die infolge Amtszeitbeschränkung nicht mehr zur Wiederwahl antreten konnte, geht an Elias Maier von der FDP, der 2485 Stimmen auf sich vereinte. Somit kehrt die traditionsreiche FDP, die bei den Wahlen im Jahr 2016 aus der Exekutive ausgeschieden war, wieder in die Burgdorfer Stadtregierung zurück. Der SVP, die ebenfalls seit 2016 nicht mehr in der Exekutive vertreten ist, bleibt das Comeback dagegen verwehrt: Mit 2372 Stimmen verpasste Barbara Lüthi-Kohler den Einzug in den Gemeinderat. Weit abgeschlagen hinter den übrigen Kandidierenden rangierte Jonas Lauwiner, parteilos, der 1010 Stimmen erhielt.
«Ich bin stolz, Verantwortung im Gemeinderat übernehmen zu dürfen und glücklich, dass die FDP wieder in der Regierungsverantwortung ist», kommentierte Elias Maier, Jahrgang 1990, seine Wahl gegenüber der Zeitung «D’REGION». «Ich setze mir zum Ziel, der jüngeren Generation eine Stimme in der Exekutive zu geben und mich ‹fürs Burgdorf vo morn› einzusetzen – konstruktiv, kritisch und kollegial.» Auch das zweite neue Gesicht im Gemeinderat, der 52-jährige Michael Ritter, will frischen Wind in das Gremium bringen: «Ich freue mich auf die Arbeit als Gemeinderat und bin überzeugt, dass die Exekutive in der neuen Zusammensetzung gut harmonieren wird. Als blockfreier Grünliberaler stehe ich bei den Themen Umwelt, Energie und Verkehr näher bei den Positionen von Rot-Grün-Mitte. Punkto Finanzpolitik und Wirtschaftsfreundlichkeit stimme ich dagegen eher mit den Bürgerlichen überein.»

Geringfügige Verschiebungen im Stadtrat
Die parteipolitische Sitzverteilung im 40-köpfigen Stadtrat sieht in der Legislaturperiode 2025 – 2028 folgendermassen aus: SP 11 Sitze, SVP 6 Sitze (-1 Sitz), Grüne 6 Sitze, «Die Mitte» 5 Sitze (+ 2 Sitze), FDP 4 Sitze (- 1 Sitz), GLP 4 Sitze, EVP 2 Sitze (-1 Sitz), EDU 1 Sitz, «König Jonas Lauwiner im Dienst für die Burgdorfer» 1 Sitz (+ 1 Sitz). Jonas Lauwiner schaffte somit als Einzelkämpfer und ohne Unterstützung einer etablierten Partei bei den Proporzwahlen überraschenderweise den Sprung ins Burgdorfer Parlament.
Die politische Grosswetterlage verändert sich somit nur marginal. Das Rot-Grün-Mitte-Bündnis muss infolge des Sitzverlusts der EVP leicht Federn lassen und verfügt neu nicht mehr über 20, sondern über 19 Mandate im Stadtrat. Die bürgerlichen Parteien, bestehend aus SVP, «Die Mitte», FDP und EDU, sind nach wie vor mit 16 Sitzen vertreten. Während SVP und FDP je einen Sitz verlieren, legt «Die Mitte» um zwei Sitze zu. Die Allianz der Bürgerlichen dürfte durch die Wahl von «König» Jonas Lauwiner leicht gestärkt werden. Die GLP verteidigt ihre vier Mandate problemlos und kann bei knappen Abstimmungen, bei denen Bürgerliche und Rot-Grün-Mitte geschlossen auftreten, als Zünglein an der Waage fungieren.

Wahlsiegerin «Die Mitte»
Zu den Siegern bei den Stadtratswahlen gehört sicherlich «Die Mitte», welche die Anzahl Sitze von drei auf fünf zu steigern vermochte. «Ich bin überglücklich mit unserem starken Resultat», freut sich Mitte-Präsident Roger Aebi im Gespräch mit der Zeitung «D’REGION». «Die positiven Ergebnisse unserer Partei bei nationalen, kantonalen und lokalen Wahlen stimmten uns im Vorfeld zuversichtlich. Seit der Fusion der BDP und CVP zu ‹Die Mitte› befinden wir uns im Aufwärtstrend. Wir sind in Burgdorf mit einer sehr starken Liste mit 20 motivierten und fähigen Kandidierenden angetreten – dies hat die Stimmbevölkerung honoriert. Ein besonderes Kränzchen möchte ich unserem Gemeinderat Francesco Rappa winden, der ein hervorragendes Ergebnis erzielte und sehr viel Positives für Burgdorf bewirkt hat – unter anderem als OK-Präsident des Triple-Schwingfests. Davon profitierte natürlich auch unsere Partei. Einziger Wermutstropfen ist, dass die bürgerliche Allianz nicht deutlich gestärkt aus den Wahlen hervorgeht.»

Freude und Frust liegen bei der FDP nahe beieinander
Elias Maier, Präsident der FDP Burgdorf und frischgebackener Gemeinderat, zeigte sich enttäuscht über den Sitzverlust seiner Partei bei den Stadtratswahlen. Diesen führt er in erster Linie auf zwei Gründe zurück. «Zum einen sind die Jungfreisinnigen in diesem Jahr nicht mehr zu den Wahlen angetreten, was uns sicherlich einige Stimmen kostete; zum andern überzeugte die Partei ‹Die Mitte› mit einer sehr starken Liste. Unsere Stadtrats-Fraktion wird mit dem bewährten Team weiterhin gute Arbeit leisten und der von Rot-Grün-Mitte dominierten Stadtregierung kritisch auf die Finger schauen. Unter dem Strich überwiegt bei uns aber sicherlich die Freude, wieder im Gemeinderat vertreten zu sein.»

Die SVP muss Federn lassen
Simon Niffenegger, Präsident der SVP Burgdorf, betonte am Wahlabend die aus seiner Sicht positiven Aspekte der Gemeindewahlen 2024: «Insgesamt lässt sich bei den Stadtratswahlen mit dem Sitzverlust der EVP und der Wahl von Jonas Lauwiner eine leichte Verschiebung nach rechts feststellen, was ich grundsätzlich als erfreulich erachte. Schade ist natürlich, dass unsere Partei bei den Stadtratswahlen mit einem Sitzverlust Federn lassen musste. Ich hatte mir erhofft, dass wir unsere Mandate erfolgreich verteidigen würden. Bei den Gemeinderatswahlen wirkte sich vermutlich ein Anti-SVP-Reflex zuungunsten unserer Kandidatin Barbara Lüthi-Kohler aus, die als Frau und fähige Politikerin für das Amt als Gemeinderätin prädestiniert gewesen wäre. Bei den Wahlen für das Stadtpräsidium hätte ich lieber einen bürgerlichen Exzentriker als Sieger gesehen als den Sozialdemokraten Stefan Berger. Die SVP wird sich weiterhin gegen Steuererhöhungen und für eine Verbesserung der maroden finanziellen Lage der Stadt einsetzen.»

EDU verteidigt ihr Mandat erfolgreich
Die EDU zeigte sich erfreut, ihren Sitz erfolgreich verteidigt zu haben. «Wir vermochten unseren Wähleranteil gegenüber dem Jahr 2020 zu steigern und verpassten den Gewinn eines zweiten Mandats nur knapp», hält Christoph Lengacher, Präsident der EDU Burgdorf, gegenüber der Zeitung «D’REGION» fest. «Die nationalen Abstimmungen führten zu einer hohen Stimmbeteiligung. Dies ist grundsätzlich erfreulich, gereicht kleinen Parteien wie der EDU allerdings nicht immer zum Vorteil. Wir freuen uns, dass Elias Maier von der FDP im Gemeinderat die Nachfolge von Charlotte Gübeli antreten wird. Ich hätte mir allerdings aufgrund der nationalen Trends eine deutlichere Stärkung des bürgerlichen Lagers erhofft.»

SP bleibt stärkste Kraft
Mit elf Sitzen bleibt die Sozialdemokratische Partei die mit Abstand stärkste Kraft im Stadtrat. «Wir sind mit der Wahl von Stefan Berger als Stadtpräsident, dem hervorragenden Ergebnis von Peter von Arb bei den Gemeinderatswahlen und der erfolgreichen Verteidigung unserer Stadtratssitze natürlich sehr zufrieden, obwohl ein Mandatsgewinn schön gewesen wäre», hält Anette Vogt, Präsidentin der SP Burgdorf, fest. «Wir sind gespannt, ob die FDP, die nun neu in der Regierungsverantwortung ist, im Stadtrat künftig einen etwas freundlicheren, moderateren und konstruktiveren Tonfall anschlagen wird.» Bezüglich des Sitzverlusts des Rot-Grün-Mitte-Bündnisses im Stadtrat, das neu über 19 Sitze verfügt, hält Fraktionspräsidentin Gabriela Bannwart fest: «Wir suchten heute bereits das Gespräch mit der GLP. Diese zeigt sich gegenüber einer konstruktiven Zusammenarbeit sehr offen.» Enttäuscht zeigten sich Anette Vogt und Gabriela Bannwart, dass in der Exekutive neu mit Beatrice Kuster Müller nur noch eine Frau vertreten ist. «Die heutige Wahl hat gezeigt, dass Frauen bei Exekutivwahlen noch immer einen schweren Stand haben. Die Hürden sind sehr hoch. Hier muss ein Umdenkungsprozess stattfinden.»

Die Grünen bleiben stabil
Den Grünen, die vor vier Jahren zwei Mandate im Parlament dazugewannen, gelingt es, ihre sechs Sitze im Stadtrat erfolgreich zu verteidigen. Zudem bleiben sie mit Theophil Bucher in der Exekutive vertreten. «Das Wahlergebnis stellt einen grossen Erfolg für uns dar», hält Christian Hedinger, Fraktionssprecher der Grünen im Stadtrat und Kommunikationsverantwortlicher der Partei, fest. «Momentan haben Themen wie Klimaschutz – anders als vor vier Jahren – nicht mehr Hochkonjunktur. Auf nationaler wie internationaler Ebene sehen sich die Grünen mit einem Verlust an Wähleranteilen konfrontiert. Unser starkes Abschneiden ist umso positiver zu werten. Die Grünen Burgdorf sind eine junge Partei, die sich etabliert hat. Der Vertrauensbeweis der Wählerinnen und Wähler bestärkt uns, eine konsequente Politik mit den Kernthemen Mobilität, Biodiversität, Klima und Soziales weiterzuführen.»

EVP mit Sitzverlust
Die EVP muss den vor vier Jahren erhaltenen dritten Sitz wieder abgeben und ist künftig mit Esther Liechti-Lanz, bisher, und der Grossrätin Tabea Bossard-Jenni, neu, im städtischen Parlament vertreten. Damit verliert die Partei den Fraktionsstatus. «Die Abwahl der beiden Bisherigen Beryll Veraguth und David Hirschi, welche sehr engagiert politisierten, ist natürlich äusserst schmerzlich und bewegt mich sehr», hält Parteipräsidentin Esther
Liechti-Lanz fest. «Persönlich bin ich froh, dass ich die Wiederwahl klar schaffte. Wir führten einen engagierten Wahlkampf und brachten unsere Werte mit dem Slogan ‹hoffnungsvoll – lebendig – glaubwürdig› auf den Punkt. Das Resultat muss nun parteiintern diskutiert und analysiert werden.» Bei den Gemeinderatswahlen schaffte EVP-Politikerin Beatrice Kuster Müller die Wiederwahl ohne Probleme.

Zufriedenheit bei der GLP
Die GLP zeigte sich mit ihrem Wahlresultat zufrieden. «Die Stimmung bei uns ist gut. Wir haben unsere vier Mandate im Stadtrat erfolgreich verteidigt. Aus dem zusätzlichen Sitzgewinn, mit dem wir liebäugelten, ist allerdings leider nichts geworden. Oberste Priorität besassen für uns aber die Gemeinderatswahlen. Dank dem starken Abschneiden von Michael Ritter ist die GLP nach wie vor in der Exekutive vertreten», kommentiert Ulrich von Känel, Präsident GLP, das Wahlergebnis. «Ich persönlich begrüsse es, dass die FDP nun wieder über einen Sitz im Gemeinderat verfügt. Die neue Zusammensetzung der Stadtregierung widerspiegelt die Burgdorfer Verhältnisse besser. Die Stadtfinanzen werden ein grosses Thema bleiben. Insgesamt gehen die kostenbewussten Stimmen gestärkt aus den Wahlen hervor.»

Der König im Parlament
Jonas Lauwiner, der neu Einsitz im Stadtrat nimmt, kündigte an, sich nun intensiv mit dem Parlamentsbetrieb und den anstehenden Geschäften auseinanderzusetzen. «Meine Devise lautet, darauf zu achten, was die Bevölkerung will und Sorge zu den Finanzen zu tragen. Jeder Franken zählt. Gegen Luxuslösungen werde ich mich zur Wehr setzen. Allerdings will ich keineswegs, dass die Stadt verlottert. Burgdorf muss attraktiv bleiben und auf Unternehmen anziehend wirken. Meine Einstellung ist sicherlich eher bürgerlich, ich bin aber offen und werde mit allen Parteien reden. Es geht nicht um Persönliches, sondern um die Sache.»

Markus Hofer
 


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