Restless Legs und andere Gründe, nicht schlafen zu können

  06.09.2024 Aktuell, Burgdorf, Region

Im Publikumsvortrag, der am Donnerstag, 12. September 2024, im Spital Emmental in Burgdorf, sowie am Donnerstag, 26. September 2024, im Spital Langnau stattfinden wird, wird aufgezeigt, welche Ursachen einem Restless-Legs-Syndrom, abgekürzt RLS, zugrunde liegen können und welche aktuellen Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
RLS macht sich mit Kribbeln, Brennen oder gar Schmerzen in den Beinen sowie einem unangenehmen Bewegungsdrang bemerkbar. In der Regel treten die Symptome in Ruhe auf, typischerweise abends oder nachts, was oft den Schlaf stört. Bewegen Betroffene die Beine, lindert dies die RLS-Beschwerden vorübergehend.

«D’REGION»: Was genau ist das Restless-Legs-Syndrom und welche Symptome sind typisch für diese neurologische Erkrankung?    
Dr. med. Gaby Schoch: Das Restless-Legs-Syndrom ist eine relativ häufige neurologische Störung. Sie führt zu unangenehmen Missempfindungen, meistens an den Beinen, seltener auch an den Armen, die mit einem Bewegungsdrang einhergehen. Manchmal kommen auch unwillkürliche Bewegungen vor, zum Beispiel Zuckungen der Beine. Meist treten die Beschwerden bei ruhigem Sitzen oder Liegen auf, insbesondere am Abend oder in der Nacht. Durch Bewegung oder Umhergehen werden die Beschwerden gelindert.

«D’REGION»: Wie beeinflusst RLS den Alltag?
Dr. med. Jan Mathys: Die Ausprägung der Erkrankung ist unterschiedlich. Am Anfang treten die Beschwerden häufig nachts bei ruhigem Liegen im Bett auf. Durch die Bewegungsunruhe kann das Einschlafen gestört werden. Manchmal erwachen Betroffene in der Nacht wegen den Beschwerden, was den Schlaf stören und zu Müdigkeit und Schläfrigkeit tagsüber führen kann. Bei stärkerer Ausprägung treten die störenden Missempfindungen und die Bewegungsunruhe bereits tagsüber auf, was Tätigkeiten im Sitzen (zum Beispiel Büroarbeiten oder Autofahren) erschweren kann. Chronische Schlafstörungen sowie die ständige Unruhe beeinflussen auch das psychische Befinden, sodass depressive Störungen die Folge sein können.

«D’REGION»: Welche Personengruppen sind am häufigsten von RLS betroffen?
Dr. med. Gaby Schoch: Es wird geschätzt, dass circa 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Meistens beginnen die Beschwerden um das 30. Lebensjahr, selten auch schon in der Kindheit.

«D’REGION»: Was sind die Haupt­ursachen für diese Erkrankung? Spielen der Lebensstil oder gewisse Gewohnheiten eine Rolle bei der Entstehung von RLS?
Dr. med. Jan Mathys: In 30 bis 90 Prozent der Fälle wird die Erkrankung familiär vererbt. Dabei wird ein autosomal dominanter Erbgang angenommen, sodass das Risiko der Nachkommen bei 50 Prozent liegt, die Veranlagung zu besitzen.
Weiter kommt RLS gehäuft vor bei Eisenmangel, während der Schwangerschaft, bei Nierenversagen, rheuma­toider Arthritis, Zuckerkrankheit und Polyneuropathie. Auch gewisse Medikamente können ein RLS auslösen oder verstärken. Zudem gelten Alkohol und ein übermässiger Kaffeekonsum als Auslöser des RLS.

«D’REGION»: Wie wird RLS diagnostiziert? Welche Tests und Untersuchungen sind notwendig, um eine genaue Diagnose zu stellen?
Dr. med. Gaby Schoch: Zur Diagnose eines RLS ist vor allem das Gespräch wichtig, um die Symptome, Medikamente und Begleiterkrankungen zu erfassen. Es gibt fünf wichtige Diagnosekriterien, die erfüllt sein müssen:
1. Bewegungsdrang der Extremitäten, oft verbunden mit unangenehmen Gefühlsstörungen.
2. Die Beschwerden verschlechtern sich in Ruhe.
3. Die Beschwerden verschlechtern sich am Abend oder zur Nacht.
4. Die Beschwerden werden durch Be­wegung ganz oder teilweise gelindert.
5. Obige Beschwerden sind nicht durch andere Krankheitsbilder erklärbar (wie zum Beispiel Polyneuropathie, Krampfadern, Beinkrämpfe).
Zusätzliche unterstützende Faktoren sind das Vorkommen eines RLS in der Familie, periodische oder unwillkürliche Bewegungen der Extremitäten im Schlaf oder tagsüber und Schlafstörungen. Auch eine neurologische Untersuchung ist wichtig. Manchmal wird auch eine Untersuchung der Beinnerven mittels Elektroneurographie angewandt. Zudem ist es wichtig, eine Blutuntersuchung durchzuführen, bei der der Eisenstatus, der Blutzucker, die Nierenwerte und die Schilddrüsenhormone gemessen werden.

«D’REGION»: Gibt es bestimmte Risikogruppen, die besonders anfällig sind für RLS?
Dr. med. Gaby Schoch: Frauen während der Schwangerschaft sowie Personen mit oben genannten Begleiterkrankungen (zum Beispiel Eisenmangel, Zuckerkrankheit, Nierenfunktionsstörung) gelten als Risikogruppen.

«D’REGION»: Welche Behandlungsoptionen stehen für RLS zur Verfügung und wie wirksam sind sie?
Dr. med. Jan Mathys: Zugrunde liegende Erkrankungen sollten nach Möglichkeit behandelt und Medikamente, die ein RLS auslösen oder verstärken können, ersetzt werden. Der Eisenwert sollte auf hochnormale Werte angehoben werden. Bei geringen und seltenen Symptomen reichen manchmal allgemeine Massnahmen wie genügend Bewegung tagsüber, Massage, Dehnen, kühles Abspülen der Füsse vor dem Schlafengehen sowie der Verzicht auf abendlichen Alkohol- oder Kaffeekonsum.
Bei stärkeren Beschwerden gibt es verschiedene Medikamente, die mit gutem Erfolg eingesetzt werden. Dies sind einerseits Dopaminagonisten und andererseits Alpha-Delta-Liganden wie Gabapentin oder Pregabalin. Wichtig ist, dass insbesondere bei Dopamin­agonisten, die maximale Dosierung eingehalten wird, da die Symptome ansonsten mit der Zeit stärker und früher auftreten können (sogenannte Augmentation). In sehr schweren Fällen kommen auch Opiate zum Einsatz.

«D’REGION»: Wie können Betroffene ihren Alltag gestalten, um die Symptome von RLS zu lindern und eine bessere Lebensqualität zu erreichen?
Dr. med. Jan Mathys: Wichtig sind regelmässige Bewegung und eine gute Schlafhygiene.

«D’REGION»: Welche Rolle spielen Schlafgewohnheiten und die Schlaf­hygiene bei der Bewältigung von RLS?
Dr. med. Gaby Schoch: Eine gute Schlafhygiene ist allgemein wichtig für ein gutes Wohlbefinden. Dies beinhaltet keine üppigen Gerichte vor dem Schlafen, genügend Bewegung tags­über, jedoch keine sportlichen Höchstleistungen kurz vor der Bettzeit. Regelmässige Bettzeiten sowie Verzicht auf Fernsehen oder Handykonsum mindestens 30 Minuten vor dem Schlafengehen unterstützen ebenso, wie eine ruhige Schlafumgebung ohne elektronische Geräte.

«D’REGION»: Haben Sie praktische Tipps, wie Betroffene ihre Schlafqualität verbessern können?
Dr. med. Jan Mathys: Genügend körperliche Bewegung tagsüber, sei es bei einer sportlichen Aktivität oder zum Beispiel auf dem Heimweg von der Arbeit, und ein festes Schlafritual (zum Beispiel Yoga, Lesen etc.).

zvg


Vortrag: Burgdorf, Donnerstag, 12. September 2024, 19.00 Uhr (Kurslokal Spital Emmental, Oberburgstrasse 54, EG); Donnerstag, 26. September 2024, 19.00 Uhr (Spital in Langnau).


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote