Regionales Obst für regionalen Cidre

  23.07.2024 Aktuell, Gesellschaft, Region

Vor einigen Jahren braute Walter Bühler gemeinsam mit einem Kumpel Bier. Dabei stellte er schnell einmal fest, dass er, abgesehen vom Hopfen, welchen er dem eigenen Garten entnehmen konnte, sämtliche Rohstoffe per Internet aus dem Ausland bestellen musste. Schon seit jeher waren dem gelernten Landschaftsgärtner und Landwirt lokale Produkte wichtig und so wollte Walter Bühler schliesslich ein nachhaltigeres Getränk aus regionalen Produkten herstellen. Da passte es, dass im Jahr 2014 die hauseigenen Apfelbäume der Schwiegereltern einen grossen Ertrag abwarfen und grösstenteils zu Most verarbeitet wurden. Fortan stellte Walter Bühler mit regionalem Rohstoff nicht mehr Bier, sondern Cidre her. Die Cidrerie du Jardin und «Pommebastisch» waren geboren.

Produktion nachhaltig sichern
Seither betreibt Walter Bühler die Cidrerie du Jardin am Chrometweg in Kräiligen, wo er und seine Frau Rosina sowie die beiden gemeinsamen Kinder im ehemaligen Haus der Schwiegereltern wohnen. Unter dem Namen «Pommebastisch» vertreibt er seine hergestellten Cidres und Säfte. Die Cidrerie du Jardin ist für Walter Bühler immer noch ein Nebenerwerb, hauptberuflich arbeitet er in einem 80-Prozent-Pensum an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen. «Durch meine beiden Ausbildungen war ich schon immer von der Natur fasziniert. Das ist nun auch bei der Cidrerie du Jardin der Fall. Ich finde den Prozess, wie aus Obst ein hochwertiges Getränk hergestellt werden kann, sehr beeindruckend», hält er fest.
Die Äpfel sowie das weitere Obst bezieht Walter Bühler grösstenteils von Streuobstwiesen aus dem Bekanntenkreis, verteilt an unterschiedlichen Standorten. Irgendwann stellte sich der junge Familienvater die Frage, wo «Pommebastisch» in zehn Jahren stehen soll. «Die Antwort lautete, dass das Projekt weiter wachsen darf. Damit verbunden stellte sich aber auch die Frage nach der künftigen Apfelversorgung.» So entstand der Plan, auf der Wiese vor seinem Haus 50 Hochstamm­obstbäume zu pflanzen.

Stiefmütterlich behandelte Hochstammobstbäume
«Bei einer Weiterbildung stellte ich fest, dass auf der Weide bereits vor rund 60 Jahren Hochstammobstbäume standen», erzählt Walter Bühler. Diese seien ein vergessenes Schweizer Kulturgut und in den vergangenen Jahren oftmals stiefmütterlich behandelt worden. «Hochstammobstbäume sind mit Blick auf die Ertragssicherheit sehr aufwendig, weshalb man von dieser Anbauart wegkam. Für den kommerziellen Anbau eignet es sich besser, wenn die Bäume so früh wie möglich in die Ertragsphase kommen, Hochstammkulturen lohnen sich für Tafelobst eher weniger», weiss der Experte. «Für unser Projekt sieht es anders aus. Wir haben weniger wirtschaftlichen Druck. Deshalb haben wir uns für die Erstellung einer Streuobstwiese entschieden.»

Zugang zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen schaffen
Das Vorhaben von Walter Bühler stiess auf offene Ohren, auch bei der Verwandtschaft und beim Landwirt, der das Land, auf der die Streuobstwiese entstehen soll, pachtet. «Dafür bin ich sehr dankbar», sagt Walter Bühler. Von November 2024 bis Januar 2025 sollen die 50 Bäume gepflanzt werden. Der zeitliche Horizont ist lang ausgeworfen. «Die gepflanzten Bäume werden in 10 bis 15 Jahren einen Ertrag abgeben», sagt Walter Bühler und ergänzt schmunzelnd: «Man kann dümmere Sachen machen, als Bäume zu pflanzen.»
Bei der Auswahl der Obstsorten arbeitete Walter Bühler eng mit Pro Specie Rara und der Baumschule Toni Sutter zusammen. Gemeinsam wurde eine Sortenliste erstellt, welche die Bedürfnisse von «Pommebastisch» und den Sortenerhalt gleichermassen abdeckt. «Die Zusammenarbeit war und ist ein Glücksfall», bilanziert Walter Bühler. Die ausgewählten Sorten seien vielfach in Vergessenheit geraten. Das soll sich nun ändern.
Mit den Hochstammobstbäumen will Walter Bühler den Zugang zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen fördern. «Pommebastisch» bietet dafür Baumpatenschaften an. «Für 550 Franken kann ein Baum während zehn Jahren begleitet werden. Darin enthalten sind verschiedene Workshops zu den Themen Obstschnitt, Sommerpflege, biologischer Pflanzenschutz und Pflanzenstärkung.» Die Baumpatinnen und -paten sollen eine Beziehung mit dem Obstbaum eingehen können. Auch er selbst habe diesen Zugang einst durch die Apfelbäume der Schwiegereltern erhalten, so Walter Bühler. «Landwirtschaftliche Produkte wie eben beispielsweise Obst sollten nicht als selbstverständlich wahrgenommen werden», so die Meinung des 38-Jährigen. «Wir wollen aufzeigen, was an Zeit nötig ist, um eine Frucht letztendlich geniessen zu können und welche Rolle äussere Einflüsse wie Frost, Regen, Trockenheit oder Krankheiten spielen.»
Das Projekt von Walter Bühler sensibilisiert die Menschen folglich für landwirtschaftliche Erzeugnisse, gibt Einblick in die Permakultur und fördert die Biodiverstität. Und zu guter Letzt wird noch köstlicher regionaler Cidre hergestellt. Einfach «pommebastisch».

Joel Sollberger

www.pommebastisch.ch


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