Korpskommandant Thomas Süssli zu Gast in Burgdorf
19.03.2025 Aktuell, Wirtschaft, Foto, Region, Vereine, Burgdorf, GesellschaftWann bitte, bietet sich schon die Gelegenheit, den Worten des obersten Militärs der Schweizer Armee zu lauschen? Beispielsweise dann, wenn der Kiwanis Club Burgdorf (KCB) ein Clubmeeting organisiert. Zu diesem Anlass, in Kooperation mit dem KC Konolfingen-Signau und weiteren Kiwanis-Freunden aus der sogenannten Division 9, der geografischen Lage Emmental-Aare, fanden sich rund 80 Gäste im Hotel Stadthaus ein. Das Interesse war demnach gross. Als Referent konnte niemand geringeres als Korpskommandant Thomas Süssli gewonnen werden.
Zur Person von Armeechef Thomas Süssli
Thomas Süssli ist seit dem 1. Januar 2020 als Korpskommandant im Amt. Im letzten Januar hat er demissioniert und wird per Ende 2025 zurücktreten. «Bereits vor meinem Amtsantritt 2019 habe ich dies Alt-Bundesrätin Viola Amherd, der damaligen Leiterin des VBS (Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) so mitgeteilt. Ich habe mir von Beginn an die Amtszeit von fünf Jahren vorgegeben, aus denen nun bis Ende Dezember sogar deren sechs werden.»
Thomas Süssli wurde am 24. September 1966 in Zürich geboren. Bevor er 2015 ins Berufsoffizierskorps eintrat, bestritt er eine erfolgreiche Karriere in der Privatwirtschaft, unter anderem bei der UBS und der Bank Vontobel. Er hat Abschlüsse als eidgenössisch diplomierter Programmierer / Analytiker und Wirtschaftsinformatiker sowie einen Executive MBA, also Abschlüsse in Leadership, strategischem Management und interkultureller Kompetenz, der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Chur.
In der Armee durchlief Süssli verschiedene Führungspositionen, darunter als Kommandant der Logistikbrigade 1 und Chef der Führungsunterstützungsbasis. Seit seinem Amtsantritt als Armeechef am 1. Januar 2020 setzt er sich besonders für die Modernisierung der Streitkräfte, die Stärkung der Cyberabwehr und die Anpassung der Armee an neue sicherheitspolitische Herausforderungen ein.
Er ist bekannt für seinen handlungsorientierten Führungsstil und seinen Fokus auf technologische Innovationen.
Am 11. März 2025, am Abend vor der Wahl des neuen Bundesrats, und wie wir nach der Departements-Verteilung wissen, seines neuen Chefs, Bundesrat Martin Pfister (Die Mitte), hielt er im Hotel Stadthaus in Burgdorf einen Vortrag zum Thema «Glaubwürdig verteidigen».
Glaubwürdig verteidigen
Beat Hausmann (Präsident Kiwanis Club Burgdorf) durfte den Chef der Schweizer Armee nach dem gemeinsamen Apéro und Abendessen zu dessen Referat begrüssen. Ab der ersten Sekunde lauschten die Gäste gebannt den Ausführungen des Korpskommandanten. Die Auslegeordnung über den aktuellen Zustand der Schweizer Armee, die mittelfristigen Aussichten sowie die damit zusammenhängenden Herausforderungen präsentierte Thomas Süssli offen und ehrlich, beschönigte keinerlei Missstände, was zwar auch hoffnungsschöpfende Chancen aufflackern liess, aber dennoch grösstenteils düstere Prognosen aufzeigte.
Ein zentraler Aspekt des Vortrags waren die gegenwärtige weltpolitische Lage und die Entwicklungen, die derzeit auf allen Kontinenten stattfinden. Weiter sprach er über die Zeitenwende, welche die Schweiz und Europa bedroht, und wagte die finstere Analyse, welches der kommenden Jahre für die Schweiz besonders gefährlich sein wird. Ebenso referierte Thomas Süssli über den Zustand des Schweizer Militärs, wie es heute aussieht und wie es in der Zukunft aussehen sollte, beziehungsweise müsste. «Die Schweizer Armee muss wieder eine bedingungslos dissuasive Haltung, also eine für Gegner abschreckende Wirkung erlangen», sagte Thomas Süssli. Dazu gehören die Erneuerung und der Ersatz des überalterten Materials, «das bald das gleiche Alter wie ich aufweist», merkte er an. Es sei allerdings am Rande unbedingt notiert, dass der 58-jährige Armeechef sichtlich in bester Form ist.
Ein zumindest mulmiges Gefühl – sehr harmlos ausgedrückt – hinterlässt Thomas Süsslis Prognose des künftig potenziell gefährlichsten Jahres, das auf die Eidgenossenschaft und Europa zurollt. Der Peak soll dabei im Jahr 2027 sein, mit Russland als bedrohlichstem Staat. Die gefährlichste Lageentwicklung für unseren Kontinent und die Schweiz ist ein geteiltes und destabilisiertes Europa. Nachrichtendienste prophezeien, dass Russland bis ins Jahr 2027 sein sogenanntes «Probing» durchführen will, indem es Schwachstellen von Gegnern aufdeckt, auch durch Cyberangriffe, militärische, politische oder hybride Massnahmen, um sich einen entscheidenden militärischen Vorteil zu verschaffen und seine Macht mit allen Mitteln zu demonstrieren. Zu Russlands Gegnern zählt auch die NATO. Die aktuelle Weltlage mit dem Konflikt China-Taiwan zielt ebenso auf das Jahr 2027. Alles deutet daraufhin, dass wir im angesprochenen Jahr global vor einer möglichen und grossen Bedrohung stehen werden. Kommt hinzu, dass der Schweizer Armee erst ab 2027 ihre neuen Kampfflugzeuge zur Verfügung stehen werden und dass der Schutz vor Angriffen durch moderne, gegnerische Kampfführung und Waffen mit unserer Ausrüstung bis mindestens 2027 nicht gegeben ist.
Für die Schweiz und die Schweizer Armee muss es das Ziel sein, in einem geteilten und destabilisierten Europa glaubwürdig darzulegen, dass man gemeinsam bereit ist, die Souveränität zu verteidigen. «Das gefährlichste Jahr ist das Jahr, in dem der Unterschied zwischen Bedrohung und den eigenen Möglichkeiten am grössten ist, und das ist das Jahr 2027», so der Korpskommandant.
Paul Hulliger