HV VVW Auswanderergeschichten

  14.06.2024 Wynigen

Der VVW-Präsident Josef Poffet zeigte sich am vergangenen Mittwoch erfreut über das grosse Interesse, welches sowohl der Hauptversammlung als auch den beiden nachfolgenden Referaten galt. Im Jahresbericht streifte er kurz die Aufgaben des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Wynigen-Rumendingen. Es sind dies die Betreuung der zahlreichen Ruhebänkli, der Blumenschmuck an den Dorfeingängen, die Betreuung der Nussbäume auf der Ringgelimatte, das Bettagsbräteln und die Förderung spezieller kultureller Projekte. Jahresbericht und Rechnungsablage wurden einstimmig genehmigt. Josef Poffet verdankte die langjährige Arbeit von Anita Jost, die ihr Amt als Kassenwartin nach 24 Jahren an Andreas Nyffenegger weitergibt. Neu in den Vorstand gewählt wurde Andrea Friedli.  

«Uf u dervo» – Auswanderer­geschichten
Zum Thema «Wyniger Auswanderergeschichten» führten Daniel Dähler und Fritz Schürch die Anwesenden in längst vergangene Zeiten zurück. Sie bilden das Leiterteam der Ortsgruppe Wynigen. In ihrer Arbeit mit lokalhis­torischen Geschichten interessieren sich die beiden auch für die spannenden Auswanderergeschichten von Wynigen. Die einen Auswanderer verliessen die Schweiz aus privaten, die anderen aus militärischen Gründen – einige kamen zurück, andere nicht.
Daniel Dähler schaute zurück auf das Leben des Auswanderers Johann Ulrich Bannwart, ursprünglich vom Rietenhaus Rüedisbach, der im August 1833 getauft wurde. Sein Vater Andreas Bannwart starb, als Johann Ulrich 13 Jahre alt war. Bannwart junior wie auch seine Mutter wurden bevogtet, wie das zu jener Zeit üblich war und was wir uns in der heutigen Zeit kaum mehr vorstellen können. Mit 19 Jahren schon heiratete er Anna Maria Jost vom Wil, Rüedisbach. Aus einem alten Schriftstück geht hervor, dass es der Wille von Johann Ulrich Bannwart selbst war, dass der Hof Rietenhaus versteigert wurde, weil er auswandern wollte. Der Erlös belief sich auf 2144 Franken und 93 Cent, den er noch mit seiner Schwester teilen musste. Das war sein Grundstock für eine neue Existenz in Amerika. Wie sein Leben mit seiner Familie dort aussah, ist nicht bekannt.
Im September 2022 meldete sich das Ehepaar Sid und Flo Bannwart aus Jowa, USA, in Wynigen. Sid Bannwart ist der Urenkel des ausgewanderten Johann Ulrich Bannwart. Seinem Auftritt mit grossem Wagen und Chauffeur entsprechend war er ein gemachter Mann und wollte die Heimat seiner Vorfahren kennenlernen. Er erinnerte sich, dass sein Urgrossvater ihm erzählt hatte, wie er mit einem Planwagen in West-Jowa angekommen war und dass ihnen noch unberührtes Land zur Verfügung gestellt worden war, welches sie unter schwersten Bedingungen drei Jahre lang bewirtschaften mussten. Nach dieser Zeit erhielten sie 160 Morgen Land, was ungefähr 40 Hektaren entspricht, zu Eigentum zugeteilt. Weil es keine Bäume und keine Steine hatte, bauten sie ihr erstes Haus aus Sodziegeln. Es war ein Erdhaus, dunkel und feucht, mit Wänden aus Rasenziegeln, sogenannten «Mutten». Ob Johann Ulrich Bannwart sich seine Zukunft so vorgestellt hatte, sei dahingestellt.  
Es gab nebst anderen auch den Rückwanderer Fritz Steffen-Christen von Wynigen, der schon mit 18 Jahren auswanderte und viel erlebte. Er kam nur zurück, um seine Eltern in Wynigen zu besuchen und seinen Vater um finanzielle Hilfe zu bitten, da seine eigenen Mittel nicht ausreichten, um eine Farm kaufen zu können. Nach dem unerwarteten Tod seines Vaters blieb er jedoch daheim und unterstützte seine Mutter im Geschäft, heiratete und blieb danach mit seiner Familie in Wynigen wohnhaft. Amerika hat er nie vergessen und er pflegte zeitlebens regen Kontakt mit seinen dortigen Freunden. Im Burgdorfer Jahrbuch von 1993 sind seine spannenden Tagebucheintragungen der Jahre 1887 bis 1891 nachzulesen.
Fritz Schürch hielt Rückschau auf das Leben des Rückkehrers Tobias Wild (1616–1686), der in französischen Diensten stand. Von seinem Vater, der Ammann in Wynigen war und im Sterben lag, wurde er zurückgerufen. Er war der sechste Bernburger namens Wild, der in Wynigen mit 43 Jahren Amtszeit am längsten als Gemeinde-Ammann tätig war und sehr einflussreich gewesen sein soll. Dies zeigen seine Spuren in der Kirche, die unter seinem Patronat 1671 renoviert wurde und in der er sich auf dem Abendmahlstisch verewigt hat, wie auch beim Dorfbrunnen.
Zurück in der Gegenwart liessen die Anwesenden den Abend bei angeregten Gesprächen ausklingen.

Rosmarie Stalder


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