Fabian Staudenmann bezwingt im Schlussgang des «Bernisch-Kantonalen» Samuel Giger
13.08.2024 Fotoalben, Schwingen, Sport, Region, BurgdorfAm Bernisch-Kantonalen Schwingfest am vergangenen Sonntag fanden sich in der ausverkauften Arena auf der Schützenmatte in Burgdorf insgesamt 11 756 Zuschauerinnen und Zuschauer ein, um bei hochsommerlichen Temperaturen die Duelle im Sägemehl mitzuverfolgen. Aufgrund der hochkarätigen Teilnehmerliste durfte das Publikum attraktiven Schwingsport vom Feinsten erwarten – und genau diesen boten die Athleten, die am frühen Morgen unter den Klängen des «Berner Marsches» in die Arena einmarschierten. Als Gäste forderten unter anderem die beiden Nordostschweizer Samuel Giger und Armon Orlik sowie der junge Innerschweizer Samuel Schwyzer, der kurzfristig für Pirmin Reichmuth einsprang, die starken Berner Schwinger mit ihren Aushängeschildern Fabian Staudenmann, Adrian Walther und Matthias Aeschbacher heraus.
Im Laufe des Tages machte die Hitze nicht nur den Athleten zu schaffen. Immer wieder verliessen einige Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Suche nach Abkühlung und Schatten vorübergehend ihre Tribünenplätze. Bei den Spitzenduellen waren die Zuschauerränge dann aber natürlich wieder voll besetzt.
Das Anschwingen
Die absolute Spitzenpaarung im ersten Gang stellte das Duell zwischen Fabian Staudenmann, der vor wenigen Tagen in Burgdorf bereits das Oberaargauische Gauverbandsfest gewonnen hatte, und dem Nordostschweizer Samuel Giger vom Schwingklub Ottenberg dar. Die beiden Titanen trafen in ihrer Karriere bisher fünfmal aufeinander: Dreimal jubelte Giger, zweimal endete der Kampf mit einem Gestellten. Das letzte Duell der beiden am Unspunnen-Schwinget im Herbst 2023 entschied Giger bereits im ersten Zug für sich. Seither wurde Staudenmann von keinem Gegner mehr bezwungen.
Die zwei Eidgenossen schenkten sich im Sägemehlring auf der Schützenmatte nichts. Beide lancierten immer wieder gefährliche Angriffe. Der Thurgauer Giger brachte seinen Kontrahenten mit einem explosiven Kurz zu Boden, dieser rettete sich allerdings souverän aus der brenzligen Situation. Nach einem Angriff des Guggisbergers Staudenmann mit einem inneren Haken landete Giger kurz vor Ende des Ganges im Sägemehl, konnte sich aber ebenfalls erfolgreich verteidigen. Das explosive Duell endete mit einem Gestellten mit je neun Punkten für beide Schwinger.
Der Rüegsauer Matthias Aeschbacher, der innert zehn Tagen bereits das dritte Schwingfest in Burgdorf absolvierte, machte mit dem Gast Tim Roth aus Erlinsbach mittels Plattwurf kurzen Prozess. Der 19-jährige Michael Moser, Festsieger des «Emmentalischen», ging gegen den Eidgenossen Severin Schwander mutig zum Angriff über – und wurde für seine Offensivarbeit mit einem Sieg zum Auftakt belohnt. Der Gang zwischen Gast Armon Orlik, Sieger des Weissenstein-Schwinget 2024, und Routinier Thomas Sempach aus Heimenschwand endete gestellt – ebenso wie das Duell zwischen Adrian Walther aus Habstetten und Gast Samuel Schwyzer aus der Innerschweiz.
Fabian Staudenmanns und Samuel Gigers Weg in den Schlussgang
Nach dem Anschwingen marschierten die Favoriten Fabian Staudenmann und Samuel Giger souverän und ohne irgendwelche Schwachstellen zu zeigen praktisch im Gleichschritt in Richtung Schlussgang.
Der Mittelländer Staudenmann, der kurz vor dem Fest an einem Magen-Darm-Infekt litt, sich aber gerade noch rechtzeitig erholte, legte im zweiten Gang nach wenigen Sekunden Lukas Tschudi aus Wolfensberg mittels Plattwurf aufs Kreuz. Im dritten Gang forderte ihn der Oberländer Marco Iseli, der überraschend heftige Gegenwehr leistete, sich aber letztlich doch geschlagen geben musste. Nach der Mittagspause bodigte Staudenmann bereits nach wenigen Sekunden den Eidgenossen Patrick Gobeli und machte anschliessend im fünften Gang kurzen Prozess mit Philipp Roth aus Biberist, einem weiteren Eidgenossen.
Samuel Giger traf im zweiten Gang auf das Emmentaler Jungtalent Fabio Hiltbrunner aus Schmidigen-Mühleweg mit Schuhgrösse 51. Dieser wehrte sich zwar tapfer, aber letztlich vergeblich. Mit Spannung erwartet wurde das Duell zwischen Giger und Michael Moser aus Biglen, dem neuen Stern am Schwinger-Himmel. Der Nordostschweizer suchte die schnelle Entscheidung – und bettete Moser nach kurzer Zeit platt ins Sägemehl. Am Nachmittag setzte er sich im vierten Gang im Eiltempo mittels Wyberhaken gegen den Eidgenossen Bernhard Kämpf aus Sigriswil durch und bodigte im fünften Gang gleich mit dem ersten Angriff den 123 Kilogramm schweren Sennenschwinger und Eidgenossen Thomas Sempach.
Mit 48,75 Punkten führten Fabian Staudenmann und Samuel Giger nach fünf Gängen die Rangliste an – der Schlussgang stand somit fest. Hinter ihnen folgten Curdin Orlik, Thun, mit 48,50 Punkten, und Matthias Aeschbacher mit 48,25 Punkten. Letzterer verbuchte mit seinem typisch explosiven Schwing-Stil auf seinem Konto insgesamt vier Siege gegen Philipp Roth, François Barras, Luca Vögeli und Matthieu Burger. Lediglich gegen Adrian Walther im dritten Gang musste sich Matthias Aeschbacher mit einem Gestellten zufriedengeben. Da der Rüegsauschacher im sechsten Gang Curdin Orlik platt auf den Rücken legte und dafür 10 Punkte erhielt, präsentierte sich die Ausgangslage vor dem Schlussgang äusserst spannend. Bei einem Gestellten zwischen Fabian Staudenmann und Samuel Giger hätte Matthias Aeschbacher den Fest-Sieg geerbt.
Kampf der Titanen im Schlussgang
Sowohl Fabian Staudenmann als auch Samuel Giger suchten angesichts dieser Ausgangslage die Entscheidung und griffen immer wieder an. Beide agierten trotz sengender Hitze höchst konzentriert. Das aufreibende Kräftemessen war an Intensität kaum zu überbieten. Das Publikum feuerte die beiden Schwinger immer wieder lautstark an. Die Stimmung in der Arena hätte nicht besser sein können. Schliesslich brach die letzte Minute des maximal 12 Minuten dauernden Schlussganges an. Alles deutete auf einen Gestellten hin. Doch praktisch in letzter Sekunde überwältigte Fabian Staudenmann mit einer technisch perfekten Kombination aus Übersprung und Fussstich Samuel Giger und warf diesen ins Sägemehl. Der Nordostschweizer wehrte sich in der Brückenposition noch verzweifelt mit den letzten verbliebenen Kraftreserven, konnte dem Druck von Staudenmann allerdings nicht lange standhalten und landete schliesslich auf dem Rücken. Einen Moment lang herrschte Unsicherheit, ob der Sieg noch innerhalb der Gangdauer errungen worden war. Erst nach dem Signal der Kampfrichter begann Fabian Staudenmann zu jubeln – und mit ihm das Publikum.
Mit seinem ersten Sieg gegen Samuel Giger triumphiert der Guggisberger Fabian Staudenmann mit 58,75 Punkten nach 2023 zum zweiten Mal am Bernisch-Kantonalen Schwingfest. Damals teilte er sich den Erfolg mit Matthias Aeschbacher. Dieser belegt in Burgdorf auf der Schlussrangliste mit 58,25 Punkten Rang 2, Samuel Giger platziert sich mit 57,50 Punkten auf Rang 4a. Das «Bernisch-Kantonale» bleibt somit in Berner Hand – zuletzt gewann im Jahr 2005 mit Martin Grab ein Gastschwinger das bernische Teilverbandsfest.
Kranzquote
Eine starke Leistung zeigte auch der Nordostschweizer Gastschwinger Armon Orlik aus Maienfeld, der Michael Moser, Jan Wittwer, Lukas Renfer und Lars Zaugg bezwang und die Duelle gegen Florian Gnägi und Thomas Sempach mit einem Gestellten beendete. Mit 58 Punkten belegte er auf der Schlussrangliste Platz drei. Auf Rang 4b platzierte sich Florian Gnägi, auf Rang 4c Adrian Walther, gefolgt von Patrick Schenk, 5a, und Fabio Hiltbrunner, 5b. Jungtalent Michael Moser beendete das Fest auf dem guten Rang 7d.
Die Kranzquote lag bei 56.25 Punkten. Total wurden 23 Kränze vergeben. Sieben gingen ins Emmental, sieben ins Oberland, drei ins Mittelland, drei ins Seeland, einer in den Berner Jura und zwei an die Gäste Samuel Giger und Armon Orlik vom Nordostschweizer Schwingerverband.
Mit dem «Bernisch-Kantonalen» endeten die Burgdorfer Schwingfeste 2024, die in der Zähringerstadt und der Region noch lange in bester Erinnerung bleiben werden. Das Triple auf der Schützenmatte lässt sich, so die erste Bilanz, als voller Erfolg bezeichnen. Dem Organisationskomitee muss für seine Arbeit und Leistung sowie für den Mut, neue Wege einzuschlagen, ein Kränzchen bzw. ein Eichenlaub-Kranz gewunden werden.
Markus Hofer