Eine Sportikone zu Gast bei der Stiftung Lerchenbühl

  12.11.2024 Burgdorf, Bildung / Schule, Jugend, Sport

Vergangenen Donnerstag empfing die Stiftung Lerchenbühl hohen Besuch. Der Parasportler Heinz Frei war an der besonderen Volksschule am Lerchenbühlweg zu Gast. 14 Weltmeistertitel, zehn Auszeichnungen zum «Schweizer Parasportler des Jahres», 15 paralympische Gold-, 8 Silber- und 11 Bronzemedaillen, mehrfacher Weltrekordhalter sowie unglaubliche 112 Marathonsiege – so das beeindruckende Palmares des Spitzensportlers.
Im Alter von 20 Jahren verunfallte Heinz Frei bei einem Berglauf schwer, brach sich dabei den Rücken und ist seither aufgrund einer Querschnittlähmung an den Rollstuhl gebunden. Aus diesem extremen Schicksalsschlag heraus wurde der heute 66-Jährige, der im vergangenen September seine Profikarriere beendete, zu einem der erfolgreichsten Schweizer Spitzensportler aller Zeiten. Daher passte er ideal in das Projektwochenthema «Stärken, Talente, Erfolgsgeschichten» der Oberstufe im Lerchenbühl. «Die Schülerinnen und Schüler beschäftigten sich intensiv mit Heinz Frei. Seine Geschichte zeigt auf, dass es sich lohnt, nach einem solch schweren Schicksalsschlag Talente und Stärken zu entdecken und dadurch Erfolge feiern zu können», sagte Schulleiterin Barbara Grimm. Der beeindruckende Weg von Heinz Frei sollte den Schülerinnen und Schülern Mut für ihren eigenen Weg machen.
In einer Podiumsdiskussion stellte sich Heinz Frei den während der Projektwoche herausgearbeiteten Fragen der Schülerinnen und Schüler, die vom Moderationsduo Christelle und Yanis, beide ebenfalls an der Oberstufe der Stiftung Lerchenbühl, in souveräner Art und Weise gestellt wurden. In der bis auf den letzten Platz besetzten Turnhalle des Lerchenbühls verdeutlichte Heinz Frei im Gespräch mit Christelle und Yanis gleich zu Beginn die verschiedenen Alltagshindernisse, die sich ihm im Rollstuhl stellen. «Wenn ich einkaufen gehe, erreiche ich beispielsweise das oberste Regal nicht. In einem solchen Fall bin ich auf Hilfe angewiesen. Ich sehe das jedoch immer auch als Chance, mit einem Menschen in Kontakt zu treten», hielt der mehrfache Weltmeister fest. Die verschiedenen Fragen zeigten gleichermassen Einfühlsamkeit und das vorhandene Interesse seitens der Jugendlichen an Heinz Frei. So wurde der Spitzensportler etwa gefragt, ob er bevorzuge, dass sich sein Gegenüber in einem Gespräch auf Augenhöhe befinde, oder wie es sich aufgrund seiner Lähmung mit der Gefahr von Druckstellen verhalte und wie er damit umge­he. Heinz Frei zeigte sich beeindruckt von den Recherchen und dem Interesse der Schülerinnen und Schüler und plauderte aus dem Nähkästchen.
Im Gespräch kam der mehrfache Weltrekordhalter auch auf die Zeit unmittelbar nach dem lebensverändernden Unfall zu sprechen. «Im ersten Moment  bestimmten Schock, Wut und Trauer meine Gemütsstimmung. Die Psyche ist von einem solchen Schicksalsschlag extrem betroffen. Dennoch bemerkte ich früh, dass ich vorwärts schauen und das Bestmögliche aus der Situation machen wollte», erzählte Heinz Frei. «Das Motto, im Leben auf eigenen Beinen stehen zu wollen, war für mich nicht mehr möglich, weshalb ich dann beschloss, mein Leben in die Hände zu nehmen.» Im Sport habe er Körper und Kopf vereinen können. Der Sport habe ihm beigebracht, zu gewinnen und zu verlieren. «Auch wenn ich nicht mehr laufen kann, fühle ich mich gesund», hielt er weiter fest.
Natürlich waren auch die zahlreichen Erfolge von Heinz Frei ein Thema bei den gestellten Fragen. Er blickte zurück auf die Anfangszeit und verwies darauf, dass der Rollstuhlsport im Jahr 1980 noch ganz anders ausgesehen habe als heutzutage: «Vieles gab es in der damaligen Zeit noch nicht. Der Rollstuhlsport befand sich damals noch in den Kinderschuhen. Meinen ersten Rennrollstuhl habe ich beispielsweise selbst zusammengebaut. Im Laufe der Jahre stieg das Niveau im Sport stetig an. Das wirkte sich auch auf meine Trainingszeiten aus. Genügte es zu Beginn in den 1980er-Jahren, zweimal wöchentlich zu trainieren, absolvierte ich beispielsweise im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele in Tokio 2021 in einem Jahr 22 000 Kilometer auf meinem Rennrollstuhl», erzählte der leidenschaftliche Sportler. Nach seinem kürzlichen Rücktritt aus dem Spitzensport betreibt er noch immer regelmässig Sport. «Der Sport gab und gibt mir sehr viel. Mit ihm gewann ich ein Stück Selbstständigkeit zurück.»
Die Anwesenden zeigten sich beeindruckt von den Erfolgen, Erzählungen und Erfahrungen, die Heinz Frei auf sehr sympathische Art und Weise preisgab und teilte. Zum Schluss gab er den Jugendlichen denn auch noch motivierende Worte mit auf ihren weiteren Weg. «Wir alle haben Tage, an denen die Motivation nicht besonders hoch ist oder uns Zukunftsängste beschäftigen. Doch es bieten sich einem ständig Chancen. Diese Chancen gilt es zu suchen, zu erkennen und letztlich auch zu packen.»

Joel Sollberger


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