Die Neugründung der Zivilschutzorganisation Ämme BE wird einhellig begrüsst

  22.05.2024 Burgdorf

Am Montag, 13. Mai 2024, begrüsste Stadtratspräsidentin Anette Vogt (SP) die Burgdorfer Stadträtinnen und Stadträte zur dritten Sitzung im Jahr 2024. Anwesend waren 38 Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Das absolute Mehr lag somit bei 20 Stimmen. Zum ersten Mal an einer Stadtratssitzung nahmen Beryll Veraguth (EVP), welche die Nachfolge des zurückgetretenen Timoteo Josef Jenni antritt, und Marc Bracher (SVP) teil. Letzterer rutscht für die demissionierte Stadträtin Sabrina Rohrbach nach. Insgesamt 15 Traktanden wurden an der Sitzung behandelt.

Orientierung Klimastrategie
Gemeinderat Theophil Bucher (Grüne) orientierte den Stadtrat über die Klimastrategie der Stadt Burgdorf. Die Vorgaben sind klar: Bis 2030 wird das Netto-Null-Ziel für Treibhausgasemissionen in der Stadtverwaltung und in den stadtnahen Betrieben angestrebt und bis 2050 für das ganze Stadtgebiet. Bucher stellte ein Bündel von 21 Massnahmen vor, die teilweise bereits umgesetzt oder in den nächsten Jahren in Angriff genommen werden. Dabei stellte er klar, dass ein ernsthafter Klimaschutz auch etwas koste. Ausgegangen wird von Mehrkosten von rund Fr. 330 pro Person und Jahr, die von Bund, Kanton, der Stadt, Unternehmen und Privaten getragen werden. Für die Stadt entstehen jährliche Mehrkosten von rund einer Million Franken. Die Folgekosten eines ungebremsten Klimawandels wären massiv höher und kaum zu stemmen, betonte Bucher.

Neugründung Zivilschutzorganisation Ämme BE
Gemeinderat Peter von Arb (SP) erläuterte den geplanten Zusammenschluss der drei bisher autonomen Zivilschutzorganisationen (ZSO) Region Burgdorf, Bevölkerungsschutz Grauholz Nord und Region Kirchbergplus zur neuen ZSO Ämme BE. Damit soll sichergestellt werden, dass gestiegene Anforderungen bewältigt, die zugewiesenen Aufgaben und Leistungen erbracht und die Gemeinden im Ereignisfall wirkungsvoll unterstützt werden. Die drei bisherigen Zivilschutzorganisationen decken ein Gebiet von rund 77 000 Einwohnern/-innen ab. Die ZSO Region Burgdorf umfasst bisher die Stadt Burgdorf sowie die Gemeinden Heimiswil und Oberburg.
Hintergrund für die anvisierte Reorganisation und Zusammenführung ist der bereits eingetretene und sich künftig noch verstärkende Rückgang des Personalbestands beim Zivilschutz. Durch den Zusammenschluss wird die vom Amt für Bevölkerungsschutz, Sport und Militär des Kantons Bern empfohlene Bataillonsstruktur mit 400 bis 500 Zivilschutzangehörigen pro ZSO erreicht. Zudem können die personellen Herausforderungen im Kaderbereich gemeinsam bewältigt und gelöst werden.
Die neue ZSO Ämme BE soll als öffentlich-rechtliches Unternehmen mit Kirch­berg als anstaltsgebende Gemeinde organisiert und nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden. Die Gemeindebeiträge richten sich nach der Bevölkerungszahl. Der Pro-Kopf-Beitrag wird voraussichtlich zwischen Fr. 12.90 und Fr. 14.40 pro Einwohner und Jahr liegen – je nachdem, wie viele Gemeinden sich anschliessen. Gegenwärtig liegt der Pro-Kopf-Beitrag für die ZSO Region Burgdorf bei Fr. 14.50.
Im Stadtrat stiessen die Reorganisation und die Übertragung der Aufgaben des Bevölkerungsschutzes an das Gemeindeunternehmen ZSO Ämme BE bei allen Parteien auf einhellige Zustimmung. Die diesbezüglichen Anträge des Gemeinderats wurden einstimmig angenommen.

Gebühren für Anwohnerparkkarten
Die FDP-Fraktion forderte den Gemeinderat auf, die von ihr als überrissen bezeichneten Gebühren für Anwohnerparkkarten von gegenwärtig Fr. 800 pro Jahr bzw. Fr. 400 pro Halbjahr auf maximal Fr. 400 bzw. Fr. 250 zu senken. Die Stadt Burgdorf, monierte die FDP, sei punkto Gebührenhöhe vermutlich die Spitzenreiterin im Kanton Bern. Als Argument führte sie ins Feld, dass der Preisüberwacher kürzlich eine vorgeschlagene Erhöhung in der Stadt Bern von Fr. 264 auf Fr. 492 beanstandete. Er erachte Kosten von über
Fr. 400 im Jahr für das Autoabstellen als überzogen.
Der Gemeinderat empfahl dem Stadtrat, den Auftrag abzulehnen. Peter von Arb hielt in seinen Ausführungen fest, die Preisgestaltung entspreche den rechtlichen Vorgaben und habe sich in den vergangenen Jahren bewährt. Die aktuell gültigen Preise datieren von 2011 und wurden seither nicht mehr erhöht. «Die heutige Gebühr für uneingeschränktes Parkieren in der inneren Stadtzone darf durchaus als angemessen bezeichnet werden – zumal die Preisgestaltung auch eine gewisse Lenkungsfunktion erfüllt. Der öffentliche Raum ist kostbar und muss mit der zunehmenden Verdichtung nach innen besonders geschützt werden», erklärte von Arb. Über 95 Prozent der Personenwagenhalter/innen in Burgdorf nutzen gegenwärtig eine private Parkplatzinfrastruktur. Stand November 2023 sind lediglich 50 Anwohnerparkkarten à
Fr. 800 eingelöst. Hinzu kommen knapp 300 Nachtparkkarten à Fr. 480. Die Nachfrage nach dem Angebot ist also gering.
Jürg Grimm, FDP, bemängelte, dass die hohen Gebühren insbesondere einkommensschwache Familien und Personen treffen – ihr Budget werde wegen der mangelnden Selbstreflexion der Stadt unnötig strapaziert.
Die Fraktionen der EVP, GLP und SVP-EDU beschlossen Stimmfreigabe. Der Auftrag wurde mit 18 Nein-Stimmen gegen 16 Ja-Stimmen bei 4 Enthaltungen knapp abgelehnt.

Kostenbezogene Kennzahlen und Finanz-Masterplan 2030
Ein überparteilicher Auftrag von GLP, Die Mitte, FDP und EVP forderte den Gemeinderat auf, ein System von kostenrelevanten Kennzahlen zu erstellen, um Dienstleistungen der verschiedenen Verwaltungsressorts über die Jahre hinweg zu vergleichen. Die Verwaltungskosten der Stadt Burgdorf stiegen in den letzten 15 Jahren, also von 2006 bis 2021, von 32 Millionen auf beinahe 40 Millionen Franken. Während der Sach- und übrige Betriebsaufwand mit 12 Millionen Franken stabil blieb, wuchs der Personalaufwand um 7 Millionen Franken an (+35 %). In diesem Zusammenhang, so die Auftraggeber, sei eine übersichtlichere Kostentransparenz bezüglich Personalaufwand erwünscht.
Gemeinderätin Beatrice Kuster Müller (EVP), Ressort Finanzen, erklärte, die Exekutive anerkenne das Bedürfnis des Parlaments nach zusätzlichen kostenrelevanten Kennzahlen – obwohl bereits alle Daten in den Budgets und Jahresrechnungen ersichtlich seien. Der Gemeinderat schlage deshalb vor, eine überparteiliche Arbeitsgruppe aus dem Stadtrat einzusetzen, um in einem partizipativen Prozess aussagekräftige, kostenrelevante Kennzahlen für das Budget 2026 zu erarbeiten.
Der Stadtrat nahm den vom Gemeinderat abgeänderten Antrag mit 33 Ja- gegen 4 Nein-Stimmen bei 1 Enthaltung deutlich an.
Mit grossem Mehr wurde der von der GLP eingereichte und vom Gemeinderat leicht abgeänderte Auftrag, einen Finanz-Masterplan mit Zeithorizont 2030 zu erstellen, angenommen. Dieser Masterplan soll einen besseren Überblick über die langfristige finanzielle Entwicklung der Stadt Burgdorf bieten.
Jürg Kämpf, FDP, interpretierte die deutliche Zustimmung zu den beiden Aufträgen als Ausdruck eines wachsenden Unbehagens über die Finanzsituation der Stadt.

Hürde für Initiativen und Abstimmungs-/Wahlcouverts
Die Motion der FDP-Fraktion, die Hürde für städtische Initiativen zu senken, stiess beim Gemeinderat auf offene Ohren. Gemäss heutiger Regelung müssen für das Zustandekommen einer Initiative Unterschriften von mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten eingereicht werden. Mit rund 11 500 Stimmberechtigten liegt die Zahl bei circa 1150 Unterschriften. Die FDP schlägt vor, die Zahl fix auf 1000 Unterschriften zu senken – ist aber, wie sich in der Diskussion zeigte, auch für andere Vorschläge offen. Die Motion wurde einstimmig angenommen. Der Gemeinderat wird im Rahmen der nächsten Gemeindeordnungs-Revision bis spätes-
tens 2028 die Hürde für das Zustandekommen einer Initiative definieren.
Die EVP-Fraktion ersuchte den Gemeinderat in einem Postulat, zusätzliche Standorte für die briefliche Abgabe von Wahl- und Stimmcouverts zu evaluieren oder als Alternative die Einführung vorfrankierter Couverts zu prüfen. Den ersten Punkt erachtete die Exekutive als unpraktikabel und unnötig. Der Gemeinderat zeigte sich dagegen gewillt, die Vorfrankierung für die Rücksendung der Wahl- und Abstimmungs-
couverts mit Mehrkosten von rund Fr. 20 000 pro Jahr zu prüfen. Der Stadtrat lehnte das Postulat jedoch mit 21 Nein- gegen 17 Ja-Stimmen ab.     

Weitere Themen und Geschäfte
Die Grünen forderten in einer Motion, in Formularen der Verwaltung die Angabe des Geschlechtes künftig nur noch zu verlangen, wenn dies notwendig sei. Es müsse in Zukunft bei der Geschlechtsangabe mit «divers» eine dritte Kategorie zur Verfügung stehen. Die Anpassung sei im Rahmen des digitalen Transformationsprozesses vorzunehmen.
Stadtpräsident Stefan Berger (SP) versicherte, die Verwaltung sei bestrebt, die Thematik der geschlechtsneutralen Angaben im Rahmen ihrer Tätigkeiten und der rechtlichen Bestimmungen umzusetzen. Aus formellen Gründen musste die Motion in ein Postulat umgewandelt werden. Dieses wurde mit 37 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung angenommen und sogleich abgeschrieben.
Die FDP-Fraktion erkundigte sich in einer Interpellation über die Handhabung der Ausstandspflicht im Burgdorfer Gemeinderat, um die Exekutive für diese Problematik zu sensibilisieren.
Die FDP-, Mitte-, SVP-EDU- und GLP-Fraktion warfen die Frage auf, ob die SBB-Spartageskarten noch zeitgemäss und sinnvoll seien. Der Gemeinderat wird im Herbst eine Auswertung über die Fortführung des Angebots vornehmen.
In einer Interpellation warf die SVP-EDU-Fraktion mehrere Fragen zum städtischen Budgetierungs- und Informationsprozess auf. Um die Transparenz zu verbessern, kündigte der Gemeinderat an, in Zukunft deutlicher darauf hinzuweisen, welche Geschäfte noch zu wenig bezifferbar seien, um in die Budgetplanung aufgenommen zu werden.

Markus Hofer


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