Das Alter ist nur eine Zahl

  13.02.2025 Burgdorf, Gesellschaft, Region

Am 17. Januar 2025 feierte Josef Degelo mit seiner Familie den 95. Geburtstag. Mittlerweile ist es Tradition, dass seine Enkelkinder ihm die Teilnahme am Grand-Prix von Bern schenken. So nimmt Josef Degelo auch in diesem Jahr wieder an der Laufveranstaltung in der Bundeshauptstadt teil und legt die Distanz von 4,7 Kilometern zurück. «Mittlerweile renne ich die Strecke nicht mehr, sondern laufe sie. Dabei gilt es, spätestens in einer Stunde im Ziel zu sein, ansons­ten werde ich in der Rangliste als ‹DNF – did not finish› aufgeführt. Das will ich auf keinen Fall», lacht der fitte Rentner und ergänzt: «In der Regel werde ich von einem Enkelkind begleitet. So schätze ich die Zeit, die wir zusammen diskutierend verbringen können.»
Bereits seit frühster Kindheit lief Josef Degelo gerne. Geboren in Giswil, Obwalden, verlor er seinen Vater im Alter von drei Jahren und wuchs in einfachen Verhältnissen auf dem Land auf. «Alleine der Schulweg dauerte 30 Minuten. Mein Bruder und ich waren generell viel draussen aktiv», erinnert er sich. Gemeinsam mit seinem Bruder nahm er denn auch im jungen Erwachsenenalter an seinem ersten Laufwettbewerb teil. Und noch immer hat Josef Degelo Freude am Laufen, wie seine letztjährige Teilnahme an einem Wettkampf gemeinsam mit zwei Enkelkindern zeigt.
Nebst dem Laufsport fand er im Langlauf eine weitere Leidenschaft. Josef Degelo nahm über 30-mal am Engadin Skimarathon teil, beim letzten Mal im stolzen Alter von 80 Jahren. Hinzu kommen 27 Teilnahmen am Berner Nachtmarsch, über 40-mal absolvierte er den Zentralschweizer Distanzmarsch und mehr als 20-mal startete er bereits am GP von Bern. Zudem ist er der älteste Teilnehmer des «lobärg-run» in Ersigen – um nur einiges aus dem sportlichen Palmarès des 95-Jährigen aufzuzählen. «Es ist schwierig zu beschreiben, was die Faszination für den Sport ausmachte. Es bereitete mir einfach unglaublich viel Spass. Gemeinsam mit meiner Frau lernte ich durch die verschiedenen Wettkämpfe schöne Gegenden und gute Freunde kennen.» Bei all den Wettkämpfen und den zurückgelegten Distanzen – ob zu Fuss oder auf Skis – sei auch der Kampfgeist stets von Bedeutung gewesen. «Diesen eignete ich mir, genau wie mein Bruder, schon in meiner Kindheit an.»

Vielseitig tätig
Auch neben dem Sport war und ist Josef Degelo aktiv und engagiert. «I bi de nid nume gsecklet», meint er lachend. Die Bildung sei ihm sehr wichtig gewesen. Diese habe er sich trotz der bescheidenen Verhältnisse seiner Familie aneignen und weiter ausbauen können.
Als Schüler habe er in den Jahren des Zweiten Weltkriegs bei einem nationalen Aufsatzwettbewerb mitgemacht und daraufhin einen persönlichen Dankesbrief von General Henri Guisan erhalten, wie er stolz erzählt. «Es kann nicht jeder von sich behaupten, ein Schreiben von Henri Guisan erhalten zu haben», meint er mit einem Augenzwinkern.
Nach einer Lehre zum Maurer absolvierte Josef Degelo einen Fernkurs in Bautechnik am Lehrinstitut Onken in Kreuzlingen (TG). Schliesslich besuchte er die Bauschule St. Gallen und war als Bauführer tätig. Im Jahr 1959 legte er die Maurermeisterprüfung ab, ein Jahr später die Baumeisterprüfung. Im Jahr 1970 führte ihn sein Weg schliesslich nach Burgdorf, wo er sich sofort zu engagieren begann. Er gründete im selben Jahr die Polierschule Oberaargau-Emmental (PSOE) und war daraufhin über 25 Jahre lang als deren Schulleiter und als Lehrperson tätig. Auch politisch übernahm Josef Degelo verschiedene Ämter und war Mitglied der Wehrdienstkommission, Präsident der Arbeitslosen-Fürsorgekommission sowie Mitglied der Baukommission; auch hier seien nur einige Ämter genannt.
Im sportlichen Bereich wurde er im Jahr 1984 Mitglied des Männterturnvereins und war «hauptschuldig», dass der MTV Burgdorf in den 1980er-Jahren eine schöne eigene Fahne erhielt. Diese kann noch heute im Restaurant National in Burgdorf bestaunt werden.
Mit Blick in die Vergangenheit meint Josef Degelo schmunzelnd: «Ich hatte einfach stets den Drang, etwas zu machen.» Er sei dankbar für die vielen schönen Erinnerungen, die ihn mit Freude erfüllen. Freude bereitet ihm auch die nächste Teilnahme am Grand-Prix von Bern. Diese wird jedoch seine Dernière als Läufer darstellen. «Irgendwann ist auch mal fertig», lacht er.

Joel Sollberger


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