Neujahrsapéro der Stiftung intact

  22.01.2025 Burgdorf

Die Stiftung intact hatte vergangene Woche zum Neujahrsapéro 2025 eingeladen. Moderatorin Sonja Hasler, bekannt durch Radio SRF, begrüsste die Gäste. Nach «Hirnfutter» gebe es Futter für den Magen – oder anders ausgedrückt: nach dem Vortrag folge ein Apéro.
Das Referat mit dem Titel «Das Paradoxon der vernetzten Welt» hätte kaum aktueller sein können. Der deutsche Soziologe, Sozialpsychologe und Publizist Professor Dr. Harald Welzer veranschaulichte eine vernetzte Welt mit einsamen Menschen.  
Gleich zu Beginn erklärte Welzer, er habe sich lange gegen ein Smartphone gewehrt. Ein einfaches Nokia sei sein Begleiter gewesen, bis er sein Bahnticket nur noch per Smartphone lösen konnte. Dieses kleine Gerät habe bei der Gesellschaft zu rasanten Veränderungen geführt. Früher sei er im Zug gereist und habe sich mit anderen Fahrgästen über dies und das unterhalten. Heute erschrecke das Gegenüber, wenn man es anspreche.

Kerngruppe von 15 Personen
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Menschen auch schon vor der Erfindung des Telefons oder des Internets vernetzt waren. Ohne soziales Umfeld können sie sich nicht entwickeln. Diese Tatsache wurde durch verschiedene Experimente, die Welzer näher erläuterte, bestätigt. Die meisten Menschen bewegen sich in einer Kerngruppe von rund 15 Personen: Familienangehörige und Freunde/-innen. Ihre regelmässigen Kontakte, sei es im Beruf oder in der Schule, umfassen ungefähr 50 Personen. Die Anzahl Beziehungen mit Leuten, die man beim Namen kennt und mit denen man sich gelegentlich austauscht, bewegt sich bei rund 150 Personen. Grössere Gruppen müssen institutionell organisiert sein, um zu funktionieren. Sie benötigen Regeln und Strukturen, beispielsweise Mechanismen zur Konfliktregelung und eine Rechtsprechung. Im virtuellen Raum, wo Gruppen mehr als 150 Menschen umfassen, gibt es solche Regulierungen nicht. Es wurden nie institutionelle Strukturen geschaffen. Die Menschen werden allein gelassen.
Weiter seien die heutigen Netzwerke darauf ausgerichtet, auf die Interessen der User einzugehen, um sie mit personalisierten Informationen und gezielter Werbung zu fesseln. Die Programmierung setze bewusst darauf, Dopamin-Kicks auszulösen. Dopamin wird auch als Glückshormon bezeichnet, weil es die Motivation steigert und den Antrieb fördert. Dies sei eine Ausbeutung der basalen Lernmechanismen und führe zur Sucht.
Einsame Menschen wollen zu einer Gruppe gehören. Darum sprechen sie eher auf Populisten an, welche ihnen Gemeinschaft versprechen. Welzer motivierte die Anwesenden zur Rettung des Analogen. Es brauche Räume der Begegnung, wie sie die Stiftung intact schaffe.
In einer Diskussionsrunde äusserten sich Eva Jaisli, Pia Tschannen, Paul Hasler und Theophil Bucher. Sie waren sich darin einig, dass man sich im Netz verlieren könne. Doch sähen sie auch Positives wie geschäftliche Kontakte über die Kontinente hinweg. Die Teamförderung dürfe trotz Homeoffice nicht vernachlässigt werden und es brauche klare Spielregeln.

Die Stiftung intact im Jahr 2025
Geschäftsführer Theophil Bucher sah das vergangene Jahr als Herausforderung. Die Vermittlung in den Arbeitsmarkt sei deutlich schwieriger geworden. Das fordere neue Trainingsfelder, um die Perspektiven zu verbessern. Die Stiftung intact habe die Gastroküche neu konstituiert. Daraus sei das Angebot «meals on wheels» entstanden. intact passe im Jahr 2025 auch andere Angebote den veränderten Bedürfnissen an.
Bucher ist überzeugt, dass die Arbeitsintegration nur durch soziale Kontakte möglich ist. Sie bringe Menschen verschiedener Couleur zusammen, die sich sonst nie begegnen würden. «Begegnungsräume schaffen» stehe im Leitbild der Stiftung intact.
Zum Abschluss genossen die Anwesenden bei einem reichhaltigen Apéro – zubereitet vom intact-Gastro-Team – den analogen Raum für Gespräche.


Helen Käser


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