Tourismusgipfel Emmental: "Reklamationen sind ein Fest!"
05.03.2024 Aktuell, Foto, Gesellschaft, ErsigenWie sieht Kundenorientierung aus Sicht eines Butlers aus? Auf diese und viele weitere Fragen zum Umgang mit Kundinnen und Kunden ging Zita Langenstein in ihrem Referat ein. Die inspirierende Frau ist nicht nur begnadete Gastgeberin und Leiterin Weiterbildung bei GastroSuisse; sie hat auch die Butler-Schule in London absolviert und serviert ab und zu im Königshaus Tee ...
Doch der Reihe nach: Mit etwas Verspätung, aufgrund einer technischen Störung, begrüsste Elisabeth Zäch im Namen des Fördervereins Emmental alle Anwesenden zum Tourismusgipfel. Auf ihrem Stuhl fanden die Besucherinnen und Besucher des Anlasses ein kleines kulinarisches Präsent aus Esther Bieris «Schlaraffenland». Christopher Risse richtete als Geschäftsführer von Gastro Emmental-Oberaargau ein paar Worte an die interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer. Franz Fankhauser stellte im Anschluss die PflugFabrik kurz vor, die er gemeinsam mit Cornelia Ruchti führt. Er erklärte, dass bis im Jahr 2000 in der alten Schmitte noch Pflüge hergestellt worden waren. Erst im Jahr 2020 wurde die PflugFabrik zu einer Business- und Event-Lokalität umgebaut.
Isabelle Hollenstein, Leiterin Emmental Tourismus, erläuterte in ihrer Rede die vielseitigen Angebote im Emmental. Im E-Bike-Paradies «Hügu Himu» gibt es beispielsweise zwei neue Herzschlaufen, welche auch mit einem Übernachtungspaket gebucht werden können. Zudem stehen bei Emmentaler Gasthöfen immer mehr Ladestationen für E-Bikes zur Verfügung. Wer lieber zu Fuss unterwegs ist, findet neben den Routen im Emmental neu zwölf Wandervorschläge im Gebiet rund um den Schallenberg. Diese sind auf die neue Buslinie abgestimmt, welche Ende April 2023 ihren Betrieb aufgenommen hat. Im kommenden Mai lanciert Emmental Tourismus zudem das Projekt «Schulreiseland Emmental», welches als Planungshilfe für Lehrpersonen vorgesehen ist und ausserschulische Lernorte in Kombination mit Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeiten sowie Aktivitäten aufzeigen wird.
Gastfreundschaft als Leidenschaft
Dann betrat eine Frau die Bühne, welche bereits der Queen Tee serviert hat. Zita Langenstein wollte immer schon «Butlerin» werden. Ganz offen erzählte sie, dass sie sich 20-mal Jahr für Jahr erfolglos bei der Butler-Schule in London beworben hatte. Immer und immer wieder erhielt sie Absagen mit fadenscheinigen Argumenten. Aber die quirlige Frau liess sich nicht entmutigen. Ihr wurde irgendwann bewusst, dass schlicht keine Frauen zu dieser Ausbildung zugelassen waren. Dann endlich wendete sich das Blatt und die Butler-Schule kam auf Zita Langenstein zu. Im Jahr 2005 konnte sie die langersehnte Ausbildung als Butlerin in London beginnen. Gastfreundschaft ist ihre Leidenschaft. Ob als diplomierte Butlerin oder als Leiterin Weiterbildung bei GastroSuisse. «Butlerin zu sein bedeutet für mich die höchste Form der Dienstleistung», erklärte sie in ihrem unterhaltsamen Referat.
«Hätten Sie gedacht, dass man in der Ausbildung zum Butler als Erstes lernt, einen Schaumwein mit dem Säbel zu öffnen?», fragte sie ins Publikum. Weiter erzählte sie von der Liste mit den vielen Fragen, auf welche die auszubildenden Butlerinnen und Butler selbst Antworten suchen mussten, zum Beispiel auf die Fragen: Welches Land hat welche Umgangsformen? Wie werden Royals angesprochen? Wo kriege ich Konzertkarten her, wenn ein Konzert längst ausverkauft ist? In ihrem amüsanten Vortrag ging es aber auch um ernsthafte Themen wie interkulturelle Kompetenz und den Umgang mit Reklamationen. Für Zita Langenstein ist klar: «Reklamationen sind ein Fest! Nie bekommt ein Kunde so viel Aufmerksamkeit, wie wenn wir seine Beschwerde bearbeiten.» Warum Aufmerksamkeit dem Kunden gegenüber das A und O ist, hat Zita Langenstein in ihrer Rede mehrfach begründet. «Beim Bäcker ist es nicht das Brot; es ist das Papier um das Brot, die Beratung, das Einkassieren und die Art, wie das Brot überreicht wird.» Auch auf die Frage, warum Unternehmen ihre Kundschaft plötzlich verlieren, hatte die Referentin Antworten und Erklärungen parat.
Diskussionsrunde zum Thema Gastfreundschaft
An der Podiumsdiskussion nahmen neben Zita Langenstein auch Frank Jantschik, Geschäftsführer der Emmentaler Schaukäserei, sowie Diana König vom Gasthof Bären, Ranflüh, teil. Geleitet wurde die Diskussionsrunde von Chantal Desbiolles. Das Publikum erfuhr, dass in der Emmentaler Schaukäserei Reklamationen Chefsache sind. Doch Frank Jantschik gab offen zu, dass es eine Herausforderung ist, Erwartungen immer zu erfüllen. Dennoch möchte er «das Gewöhnliche aussergewöhnlich gut machen», wie er erklärte.
Der Gasthof Bären, Ranflüh, hat indessen noch wenig Erfahrung mit Reklamationen. Diana König bemüht sich, persönlich bei den Gästen am Tisch vorbeizugehen und nachzufragen, ob alles in Ordnung war. Sie wolle dies künftig noch bewusster machen, versprach sie. Zita Langenstein hielt in ihrem Schlusswort fest, dass für sie das Emmental sowohl geografisch als auch vom Dialekt her unvergleichbar sei.
Bei einem reichhaltigen Apéro wurde bis in die späten Abendstunden über Gastfreundschaft, Servicequalität, Kundenbedürfnisse und den Umgang mit Beschwerden diskutiert.
Petra Schmid