Bildung in Bewegung – Deutschkurs im Bus
24.10.2023 Bildung, Foto, BurgdorfEin Deutschkurs im Bus – diese Verknüpfung von Arbeitsplatz und Bildung zeigt, wie Praxisorientierung und Kreativität die Bildungslandschaft revolutionieren können und wie Bildung wirkungsvoll überall stattfinden kann.
Es ist Montag, 20.15 Uhr, als sich eine kleine Gruppe vor dem Gebäude der Busland AG beim Bahnhof Burgdorf versammelt. Es sind Buschauffeure der Linien im Emmental und Oberaargau sowie Claudia Kämpfer, die Kursleiterin. Sie hat einen Stapel Unterrichtsmaterial in den Händen und plaudert bereits mit einem Kursteilnehmenden. Sobald alle eingetroffen sind, geht es los zu einem leer stehenden Bus, in dem Claudia Kämpfer die kleine Gruppe zur Bildungsveranstaltung begrüsst. Heute sind fünf Buschauffeure anwesend. «Wir treffen uns immer montags für eine Stunde. Die Gruppe besteht aus acht Buschauffeuren/-innen unterschiedlicher Nationalitäten. Meistens sind nicht alle anwesend, da einige Spätschicht haben», erklärt Claudia Kämpfer.
Im Auftrag der Busland AG ist vorgegeben, dass der Fokus auf der Kommunikation liegt. Und somit startet der Kurs mit einem Rollenspiel zur Höflichkeitsform, welche im Gespräch mit den Fahrgästen eine hohe Relevanz hat. Astrit Hoxha hebt sofort die Hand und meldet sich freiwillig als Schauspieler. «Fragen Sie den Buschauffeur nach der Destination des Busses und kaufen Sie ein Ticket», liest er in möglichst gutem Deutsch vor. Sein Kollege Kujtim Mahmuti setzt sich auf den Fahrersitz und nimmt die Rolle des Buschauffeurs ein. Astrit Hoxha positioniert sich beim Eingang des Busses und die Szene beginnt: «Guten Tag. Darf ich bitte ein Billett von Burgdorf nach Sumiswald kaufen?», fragt er in der Rolle als Fahrgast zögerlich und mit Akzent. Er ist etwas unsicher, aber mit jedem Wort wird er mutiger. Kujtim Mahmuti als Busfahrer meint: «Ja. Haben Sie ein Halbtax oder brauchen Sie ein ganzes Billett?» – «Nein, ich habe kein Halbtax, ein ganzes bitte», erwidert Astrit Hoxha. «Das macht 7 Franken und 40 Rappen», antwortet Kujtim Mahmuti und die Szene ist vorbei. Es werden weitere Situationen mit einem verärgerten Fahrgast und eine Innendurchsage aufgrund einer Verspätung simuliert. Nach jedem Rollenspiel gibt Claudia Kämpfer ein Feedback und bringt Verbesserungsvorschläge an.
Oft bringen die Teilnehmenden auch selber ein Thema ein oder es wird die berndeutsche Aussprache der Destinationen geübt, damit die Busfahrenden auch verstehen, was ein Fahrgast mit «Huttu retour» meint. Für den Grammatikteil wechselt die Gruppe vom Bus in den Kursraum. «Wir arbeiten nicht mit einem Buch, sondern schauen jeweils gemeinsam, was die Kursteilnehmenden brauchen, und dies bereite ich dann auf den nächsten Kursabend vor», meint Claudia Kämpfer. Um das Sprachverständnis zu trainieren und den Wortschatz zu erweitern, arbeitet sie mit vorbereiteten Hörverständnis-Sequenzen. Zur Verbesserung der Grammatik verfassen die Buschauffeure/-innen immer wieder formelle und informelle E-Mails. «Der Aufwand für die Vorbereitung ist relativ gross. Doch das Unterrichten macht mir sehr viel Spass. Es ist eine lustige Gruppe und es gibt immer etwas zu lachen. Die Atmosphäre ist sehr entspannt und familiär, da sich die Buschauffeure bereits kennen», meint Claudia Kämpfer mit einem Lächeln. Man merkt, dass die Kursleiterin von den Kursteilnehmenden sehr geschätzt wird.
Adrian Friedli
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