1. September 2013 – Die gesamte Region ist in einem Ausnahmezustand. Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) findet in Burgdorf statt und avanciert zum Volksfest. Der Alchenstorfer Matthias Sempach steht bei seinem Heimfest im Schlussgang auf Platz 7 dem Seeländer Chris­tian Stucki gegenüber – ein Duell der Giganten. Nach 11 Minuten und 45 Sekunden bezwingt Matthias Sempach Christian Stucki, lässt sich vor seiner Familie, seinen Freunden, Angehörigen und Bekannten zum neuen Schwingerkönig krönen und verewigt sich somit in den Sportgeschichtsbüchern des Landes. Ebenfalls unvergesslich bleibt die Reaktion von Christian Stucki, der seinem überlegenen Kontrahenten freundschaftlich verbunden ist und ihm als Gratulation einen Schmatzer auf die Stirn drückt.
1. September 2023 – Am exakt selben Ort in der Ey, auf Platz 7, wo Matthias Sempach seinen grössten Erfolg feiern konnte, erinnert nicht mehr viel an das ESAF von vor zehn Jahren. Die zahlreichen Verpflegungsstände, die Festzelte, der Gabentempel und allen voran die Arena sind verschwunden. Zum 10-Jahr-Jubiläum des Königstitels haben sich jedoch wiederum rund 50 Familienmitglieder, Freunde, Bekannte und Fanclubmitglieder von Matthias Sempach versammelt, um ihn an derselben Stelle noch einmal hochleben zu lassen. Wobei der Protagonist selbst nichts von diesem Vorhaben weiss, es soll eine Überraschung werden für «Mättu». Dieser glaubt bis kurz vor seinem Eintreffen, er werde mit seinen Kollegen einen jährlich stattfindenden Männerabend verbringen. Gemeinsam mit seinen Kindern wird er auf dem Anhänger eines Einachsers zu dem Ort gefahren, an dem er seinen Traum verwirklichen konnte. Mit dabei sind auch der damalige Kontrahent Christian Stucki, sein Bruder und Schwinger Stefan Sempach sowie Stephan von Büren, ebenfalls Schwinger. «Als ich die Kinder sah, ahnte ich ein wenig, dass es wohl keinen Männer­abend geben wird», sagt Matthias Sempach. Als er jedoch all die bekannten Gesichter erblickt, kann er seine Emotionen nicht zurückhalten. Ein sichtlich gerührter Matthias Sempach bedankt sich bei den Anwesenden: «Ich glaube, ich wurde noch nie so überrascht.» René Willener, Präsident des Fanclubs, macht nochmals auf den speziellen Ort aufmerksam, der allen Anwesenden so grosse Freude bereitet hat. «Etwas weniger Freude für dich, Christian», sagt er schmunzelnd zu Christian Stucki, worauf der König des ESAF 2019 in Zug antwortet: «Es hett ja doch no glängt.» Die Anwesenden lachen. Sie lassen ihren König «Mättu» bei einem Apéro nochmals hochleben und schwelgen dabei wie auch beim späteren gemeinsamen Nachtessen auf dem Hof von Fritz Aeberhard in den vielen Erinnerungen an den 1. September 2013.

Joel Sollberger