Prostata-Probleme – Symptome und Behandlung
24.01.2023 Aktuell, Foto, GesellschaftAm Donnerstag, 2. Februar 2023, 19.00 Uhr, findet im Kurslokal des Spitals Emmental in Burgdorf der erste Publikumsvortrag dieses Jahres statt. Der Titel lautet: «Gut- und bösartige Veränderungen der Prostata – moderne Behandlungsmethoden.» Referent des Vortrags ist Dr. med. Harald Voepel, Chefarzt Klinik für Urologie. Danach besteht die Möglichkeit, dem Experten beim anschliessenden Apéro unter vier Augen Fragen zu stellen. Eine Anmeldung ist möglich, aber nicht obligatorisch. Diese kann unter der Telefonnummer 034 421 18 52 erfolgen. Dies mit Angabe der Anzahl der Teilnehmenden und mit dem Hinweis, dass der geplante Besuch dem Publikumsvortrag «Prostata» gilt. Interessierte können sich auch online einschreiben: www.spital-emmental.ch/publikumsvortraege.
«D’REGION»: Viele Männer werden im Laufe ihres Lebens mit einem Prostata-Problem konfrontiert. Welches sind die häufigsten Symptome?
Dr. Voepel: Die häufigsten Probleme sind das erschwerte Wasserlösen und das vermehrte nächtliche Aufstehen, um das Wasser zu lösen. Geschieht dies sieben oder acht Mal, ist eine nächtliche Erholung nicht mehr möglich. Der Laie weiss oft nicht, dass ein Teil der Harnröhre – der Weg von der Blase bis zum Austritt aus dem Penis – durch die Vorsteherdrüse, die Prostata, läuft. Vergrössert sich die Prostata, engt sie irgendwann diesen Teil der Harnröhre ein, und es kommt zu einer Verschlechterung der Qualität beim Wasserlösen.
«D’REGION»: Weshalb ist die Prostata gewissermassen die «Achillesferse» des Mannes – und weshalb scheuen sich Männer häufig, einen Urologen, eine Urologin aufzusuchen?
Dr. Voepel: Meiner persönlichen Einschätzung nach ist die Prostata ein zunehmend schwaches Organ – auch bei jüngeren Männern – geworden. So sehen wir doch vermehrte Entzündungen der Prostata mit entsprechenden irritativen Beschwerden mittlerweile ab einem Alter von rund 40 bis etwa 55 Jahren. Zumindest diese Männer scheuen sich nicht, einen Arzt aufzusuchen, da die Symptomatik relativ akut einsetzt und einem Mann rasch ein hohes Krankheitsgefühl vermittelt. Hingegen geht das in der ersten Frage formulierte Geschehen so langsam vonstatten, dass die Männer sich halt an die oben genannte Symptomatik gewöhnen und auch mit drei- bis viermaligem nächtlichem Wasserlösen gut klarkommen beziehungsweise sich arrangieren. Zudem ist eine gewisse Scheu eventuell darin begründet, dass eine Sorge/Angst vor dem Unbekannten besteht: Der Patient weiss nicht so genau, welche Untersuchungen der Urologe, die Urologin durchführt und ob diese schmerzhaft sind.
«D’REGION»: Wie machen sich Prostataprobleme bemerkbar – auf welche «Warnsignale» sollten Männer achten?
Dr. Voepel: Zumeist läuft alles sehr langsam ab: Über Monate bis Jahre hinweg stellt man eine Verschlechterung der Qualität beim Wasserlösen fest. Der Harnstrahl wird schwächer, der gesamte Wasserlösevorgang dauert länger. Oftmals beklagen die Männer Startschwierigkeiten beim Wasserlösen. Gelegentlich hat man auch das Gefühl, dass die Blase nicht vollständig leer geworden ist. Neben diesen obstruktiven – die Harnröhre einengenden – Komponenten gibt es noch die irritativen Komponenten wie häufigeren Harndrang – mit kleinen Portionen – sowie Zunahme des nächtlichen Wasserlassens.
«D’REGION»: Wann muss Mann einen Arzt, eine Ärztin aufsuchen?
Dr. Voepel: Letztlich hängt dies von der Leidensfähigkeit des Mannes ab. Häufig braucht es einen Anschub durch die Ehefrau/Lebenspartnerin, damit der Mann einen Arzt aufsucht. Zwingend bedarf es eines Arztkontaktes, wenn man alle Warnsymptome ignoriert hat und es irgendwann spontan zu einem Harnverhalt kommt: Einer Harnsperre, bei der man das Wasser nicht mehr lösen kann. Hierbei ist Eile geboten. Zumindest muss ein Blasenkatheter gelegt werden, um die Blase zu entleeren und eine Schmerzlinderung zu erreichen.
«D’REGION»: Wie werden gutartige Vergrösserungen der Prostata behandelt?
Dr. Voepel: Zunächst kann man pflanzliche Medikamente einsetzen, die es in der Apotheke frei zu kaufen gibt. Später werden vom Hausarzt oder vom Urologen rezeptpflichtige Medikamente eingesetzt – Alphablocker oder 5-Alpha-Reduktase-Hemmer. Diese bewirken quasi eine Entspannung der Prostata und des Blasenhalses, damit der Urindurchtritt wieder etwas besser gelingt. Sollten diese Medikamente nach Wochen oder einigen Jahren die Wirkung verlieren, so erfordert dies eine operative Therapie: zumeist das Ausschälen der Prostata durch die Harnröhre, die sogenannte TUR-P. Die eine oder andere Klinik verwendet einen Laser als OP-Alternative. Das Prinzip ist jedoch stets gleich: Die Prostata wird ausgeschält – ausgehobelt –, um den Harnweg durch die Prostata wieder frei durchgängig zu machen.
«D’REGION»: Die häufigste bösartige Erkrankung ist der Prostatakrebs. Wie wichtig sind Vorsorgeuntersuchungen und ab wann sind diese sinnvoll?
Dr. Voepel: Genau genommen können wir Urologen gar nicht richtig vorsorgen, sondern nur früherkennen: Die Früherkennungsuntersuchung – sie beinhaltet die Tastuntersuchung der Prostata, die Ultraschalluntersuchung der Harnorgane einschliesslich Prostata sowie eine Urinuntersuchung – sind allesamt nicht schmerzhaft und rasch durchführbar. Eine Früherkennungsuntersuchung wird ab 50 Jahren empfohlen. Bei familiärer Belastung – Prostatakrebs in der Blutsverwandtschaft – wird eine erste Konsultation ab 45 Jahren von unseren Fachgesellschaften empfohlen.
«D’REGION»: Führt eine vergrösserte Prostata zwangsläufig zu Prostatakrebs, dem häufigsten Krebs des Mannes?
Dr. Voepel: Zwischen Prostata-Vergrösserung und Auftreten eines Prostatakrebses gibt es keinen wissenschaftlich begründeten Zusammenhang. Tatsächlich findet man gelegentlich Prostataveränderungen, welche fast die Grösse einer Orange aufweisen und die man dann nicht mehr durch die Harnröhre, sondern offen-chirurgisch durch die Blase hindurch operieren muss.
«D’REGION»: Wie erkennt man einen Prostatakrebs?
Dr. Voepel: Bei Verdacht auf Prostatakrebs beispielsweise bei erhöhtem Tumormarker PSA – prostataspezifisches Antigen, ein Wert, der im Blut bestimmt werden kann oder bei entsprechend hartem Tastbefund – erfolgt eine Ultraschalluntersuchung sowie gegebenenfalls auch ein MRT der Prostata. Nachfolgend führt der Urologe eine systematische und gezielte Prostata-Stanzbiopsie durch – entweder ultraschallgesteuert oder mittels MRT-Fusionsbiopsie. Letzteres ist ein Verfahren, bei dem man das aktuelle Ultraschallbild mit den vorliegenden MRT-Bildern in Übereinstimmung bringt, um dann gezielt aus suspekten Arealen Gewebe heraus bioptieren zu können.
«D’REGION»: Welche Therapien gibt es bei Prostatakrebs?
Dr. Voepel: Prostatakrebs ist nicht gleich Prostatakrebs. Dieser ist sehr unterschiedlich – von wenig aggressiv bis hoch aggressiv –, mal frühzeitig entdeckt, mal fortgeschritten, bis hin zu bereits metastasiert, also gestreut, wenn sogenannte Tochtergeschwulste gesetzt sind. Zudem muss man bei der Therapieplanung das Alter des Patienten berücksichtigen. Zusammenfassend ist eine Therapie des Prostatakrebses stets individuell zu erstellen, wobei der Urologe vor allem die beratende Funktion übernimmt und der Patient letztlich entscheidet, welchen Weg er einschlagen möchte. Wenn der Patient im Alter von unter rund 75 Jahren ist und einen organbeschränkten Prostatakrebs aufweist, so kommt eine vollständige – radikale – Prostata-Entfernung infrage, offen-chirurgisch oder minimal-invasiv, also mithilfe eines OP-Roboters. Eine vollständige Heilung wird dabei angestrebt. Alternativ käme eine Bestrahlung der Prostata infrage. Bei höherem Alter oder fortgeschrittenerem Befund würde man hingegen eine Hormon-Entzugstherapie durchführen: Das männliche Geschlechtshormon Testosteron wird dem Prostatakrebs als Nahrungsmittel quasi entzogen/blockiert. Der Prostatakrebs wird dadurch im Wachstum gehindert/gedämmt, was jedoch nicht immer vollständig beziehungsweise auch nicht immer langfristig gelingt. Weitere Medikamente beziehungsweise eine Chemotherapie können aber nachfolgend eingesetzt werden.
«D’REGION»: Worauf werden Sie bei Ihrem Vortrag besonderes Gewicht legen?
Dr. Voepel: Der Vortrag über das eine Organ Prostata ist im Grunde ein Vortrag über zwei verschiedene Themen, die sich sehr voneinander unterscheiden. Der Vortrag kann sowohl den symptombeklagten Patienten ansprechen als auch den asymptomatischen Mann mit Verdacht auf einen Prostatakrebs – oftmals als Zufallsbefund entdeckt. Die Lebenspartnerinnen und Lebenspartner sowie Familienangehörige sind selbstverständlich auch sehr herzlich eingeladen. Ich werde auf die Therapiealternativen eingehen, konservativ-medikamentös und operativ – offen-chirurgisch beziehungsweise minimal-invasiv – und die Unterschiede beleuchten. Sprachlich nutze ich dabei möglichst keine Fremdwörter – auch wenn ich nur Hochdeutsch und kein Berndeutsch spreche. Der Vortrag sollte als Dialog mit Zuhörerinnen und Zuhörern verstanden werden – und es sollte insbesondere nach dem Vortrag bei einem kleinen Snack ausreichend Zeit für einen Dialog, einen gemeinsamen Austausch, geben.
Hans Mathys