Kalligrafie – die Kunst des Schönschreibens

  18.10.2022 Aktuell, Foto, Gesellschaft

Im Alltag und in der Freizeit spielt sich immer mehr digital und online ab. Die Kalligrafie, die grosse Leidenschaft von Tatjana Herrmann, beschäftigt sich hingegen noch «analog» mit Feder und Papier. Mit Kalligrafie ist die Kunst des Schönschreibens gemeint, welche die Alchenstorferin definitiv beherrscht. Doch wie kommt man zu diesem Hobby? «Ich war schon in der Schulzeit, wie viele andere Mädchen, fasziniert von schönen Stabilo-Stiften und hatte eine gewisse Affinität zur Papeterie», erinnert sie sich schmunzelnd. Als Tatjana Herrmann die 9. Klasse besuchte, sah sie in den sozialen Medien Videos über das sogenannte «Lettering», das Zeichnen von Buchstaben, das ihr Interesse weckte. Von da an übte und kritzelte sie auch im Schulunterricht immer mal wieder auf die Blätter. «Meine damalige Lehrerin Frau Rey wies mich, wenns wichtig war, schon darauf hin, damit aufzuhören. Jedoch erkannte sie auch meine Leidenschaft und förderte mich gewissermassen», so Tatjana Herrmann erneut lächelnd. Die Lehrerin stellte ihr die entsprechenden Materialien zur Verfügung und förderte sie im Handwerk der Kalligrafie. «Sie war definitiv eine Schlüsselfigur auf dem Weg zu meiner Leidenschaft.»

Nicht zwingend eine schöne Handschrift
Wer die Buchstaben in einer solch schönen und eleganten Art und Weise auf das Papier zaubert wie Tatjana Herrmann, verfügt bestimmt auch über eine sehr schöne Handschrift. «Ich finde meine Handschrift nicht speziell schön, im Gegenteil.» Das liege aber daran, dass Kalligrafie an sich kaum etwas mit dem Schreiben von Hand zu tun hat. Lettering sei viel freier, die Kalligrafie hingegen orientiere sich an klaren Regeln wie einheitlichen Winkeln oder klaren Grössenverhältnissen der Buchstaben. Somit ist für dieses Handwerk ein gutes Auge, eine ruhige Hand und ein Quäntchen Perfektionismus erforderlich. «Eigentlich bin ich als Person überhaupt nicht perfektionistisch veranlagt, die Kalligrafie stellt dabei die grosse Ausnahme dar. Die Kunst des Schönschreibens sei letztlich eine Übungssache. Sie selbst habe Stunden an ihrem Schreibtisch verbracht und geübt. Mittlerweile ist sie kalligrafisch so routiniert, dass sie beispielsweise einen Namen auf einer Namenskarte in circa 90 Sekunden schreiben kann. Laut der gelernten Drogistin gibt es drei wichtige Punkte, die für die Beherrschung ihres Hobbys entscheidend sind: «Ein gewisses Gefühl für Formen ist wichtig. Dazu kommt Übungsfleiss und schliesslich folgt eine Art positive Besessenheit, in der man beinahe in jeder freien Minute zur Feder greift.»

Mit Feder statt Stift
Zeichnete die 22-Jährige die verschiedensten Buchstaben zu Beginn noch mit Stiften, wechselte sie vor rund drei Jahren zur Feder. Die Feder wird dann mit Gouachefarbe befüllt, ehe diese auf dem Blatt Papier angesetzt wird.
Eine solche Feder kann Tatjana Herrmann etwa für zwei Wochen bis zu einem Monat verwenden, je nach Unterlage sei die Abnutzung unterschiedlich. Ihre Leidenschaft verzeiht jedoch wenig Fehler. Es komme schon vor, dass man sich verschreibe oder sonst einen Fehler mache, welchen man dann nicht mehr korrigieren könne. Wenn sie am Schreiben sei, sei sie daher schon sehr fokussiert.
Das Schönschreiben ist nicht das einzige künstlerische Handwerk, das Tatjana Herrmann beherrscht. Die schönen Schriften verziert sie schliesslich noch mit kleinen Malereien. «Ich male eigentlich nicht sehr leidenschaftlich, doch es verschönert die alleinstehende Schrift zusätzlich», sagt sie. «Das Schöne an der Kalligrafie ist, dass sie andere Kunstformen, ob Malereien oder Fotografien, ideal ergänzen kann», meint die Alchenstorferin begeistert.

Inspirationsquellen
Wer gerne schönschreibt, braucht Namen oder Sprüche, die niedergeschrieben werden können. «Es kommt schon vor, dass die Suche nach einem geeigneten Spruch teilweise länger dauert als das Schreiben selbst», lacht Tatjana Herrmann. Den grössten Teil ihrer Inspiration nehme sie aus tiefgründigen Bibelpsalmen oder Songtexten.
Ihre Kunst teilt sie gerne auch mit anderen. So brachte sie die Kalligrafie etwa im Ferienpass Kindern und Jugendlichen näher. Aber auch Freunde und Bekannte haben immer mal wieder Ideen, Anfragen oder gar Aufträge. «Wenn ich für jemanden etwas schreibe, gebe ich mir mehr Mühe, als wenn es nur für mich selbst ist. Zudem ist es umso schöner, wenn ich mit meiner Leidenschaft jemandem eine Freude bereiten kann.» Die Kalligrafie sei vielseitig einsetzbar, ob auf Karten, bei Briefen, Einladungen, als Aufdruck oder ganz allgemein bei Hochzeiten. Letztere sind für Tatjana Herrmann speziell: «Aufträge für Hochzeiten mag ich am liebsten.» Kein Wunder, passt die elegante und kunstvolle Schrift von Tatjana Herrmann doch perfekt zu solch unvergesslichen und schönen Anlässen.

Joel Sollberger

 


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