Bauarbeiten am Emme-Damm kommen gut voran

  08.04.2020 Bätterkinden, Foto, Kultur, Wirtschaft, Utzenstorf, Region

Vor einem Jahr hat diese Zeitung über das breit abgestützte Revitalisierungsprojekt im «Ämmeschache» und «Urtenesumpf» berichtet. «Die geplanten Bauarbeiten konnten bis heute termingerecht und unfallfrei weitergeführt werden», erläutert Hans Peter Oberhänsli, Vizepräsident des Schwellenverbandes Emme 1. Sektion. Mitglieder dieser Sektion sind die Gemeinden Aefligen, Bätterkinden, Kirchberg, Wiler, Utzenstorf, Zielebach und Lyssach.
«In allen sieben Gemeinden verfolgt man die Ausweitungen der Emme auf bis zu 150 Meter Breite und den Bau des neuen Dammes mit allen Nebenarbeiten mit grösstem Interesse», erklärt Oberhänsli. Allen Fliessgewässern sollen die benötigten Überflutungsräume eingeräumt beziehungsweise neu erstellt werden. Das gilt besonders für diesen Emme-Abschnitt, der in einem von viel Publikum besuchten Auengebiet von nationaler Bedeutung liegt.

Warntafeln ignorieren
Laut Oberhänsli «sind die Bauarbeiten dank des guten und trockenen Wetters sehr gut vorangekommen. Wir konnten ohne Unterbruch arbeiten und mit den Fahrzeugen in und durch die Emme fahren. Die Bagger konnten dank Niedrigwasser im Fluss stehen und effizient eingesetzt werden, vor allem im Blockverbau. Bis heute sind rund 90 Prozent der Blöcke – entsprechend 9150 Tonnen – geliefert; ca. 30 Prozent der Dammsicherung müssen noch gebaut werden. Das heisst, dass wir mit dem Blockverbau sehr weit gekommen sind.»
Der neue Emme-Damm wird hinter dem alten erstellt, wovon sich die zahlreichen Besucher/innen trotz der Warntafeln «Betreten der Baustelle verboten. Bei Unfällen wird jede Haftung abgelehnt» tagtäglich selber überzeugen. Die riesigen Baumaschinen und Lastwagen stellen eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Fussgänger dar. Höfliche Hinweise von Oberhänsli quit­tieren nicht wenige mit «wir wohnen ganz in der Nähe und wissen, was wir machen».

Zu nass und kalt fürs Verdichten
«Im vergangenen Jahr konnten wir 68 Prozent der vorgesehenen Bauarbeiten für den neuen Damm realisieren», gibt Oberhänsli aufgrund der vorliegenden Zahlen bekannt. «Wir konnten also einen Grossteil bauen, mussten aber im Herbst 2019 die Arbeiten einstellen, weil wir den dichten Teil des Dammes infolge Regen nicht mehr einbauen konnten. Dieses Material lässt sich bei Feuchtigkeit einfach nicht verdichten. Das heisst, dass mit diesen Arbeiten bis zu einer Trockenperiode gewartet werden muss.» Den Verantwortlichen ist bekannt, dass im Winter bei zu feuchten/nassen und zu kalten Verhältnissen nicht am Dammbau gearbeitet werden kann.
«Den Blockbau haben wir den ganzen Winter durchziehen können, da es abgesehen von gelegentlichem Regen und geringer Schneeschmelze nie Hochwasser gegeben hat», fährt Oberhänsli fort.

Pensionierte Spezialisten reaktivieren
Für den Blockbau verwenden die routinierten Baggerführer Felsbrocken von zwei bis fünf Tonnen Gewicht (2000 bis 5000 kg), die aus der Innerschweiz geliefert werden. «Für diese Spezialarbeiten, die besondere Fähigkeiten, Techniken und viel Erfahrung bei den Baggerführern voraussetzen, konnten einige Personen nach ihrer Pensionierung erneut eingesetzt werden.»
Die Blöcke werden in einer Tiefe von 2,5 bis 3 Metern tiefer als die Flusssohle eingebunden, damit ein allfälliges Hochwasser die Blöcke nicht unterspülen oder verschieben kann. Idealerweise werden die Blöcke bis zu zwei Meter über die Flusssohle verbaut. Darüber werden noch kleinere Blöcke von alten Bauwerken, Wurzelstöcke und Baumstämme geschichtet. Ein riesiger Lastwagen fährt vorbei. «Der kann rund 50 Tonnen Blockmaterial transportieren», erklärt Obehänsli.
Der Blockverbau wird nicht nur zum Schutz des dahin liegenden Kanals errichtet, sondern auch, um das angrenzende Gemeindegebiet von Bätterkinden zu schützen. «Das sollte auf längere Zeit Sicherheit vor Hochwasser – inklusive die gefürchteten hundertjährigen – geben, mit denen man immer wieder rechnen muss.» Er erinnert an drei relativ grosse Hochwasser in den ersten zehn Jahren nach 2000, worauf Fachleute die Hochwassermenge in diesem Emme-Abschnitt von 530 auf 640 m3/s (Kubikmeter pro Sekunde) hinaufgesetzt haben. Die jetzt realisierten Projekte sind auf die höheren Werte ausgelegt.

1,6 Millionen Franken für Unvorhergesehenes
Auf die Frage, ob die vor einem Jahr genannte Gesamtsumme für die Bauarbeiten von 7,6 Millionen Franken heute noch als ausreichend anzusehen ist, erklärt er: «In dieser Summe sind bereits 1,6 Millionen Franken für Unvorhergesehenes enthalten, mit denen spätere Vorkommnisse beim Blockverbau usw. behoben werden können. Wenn sich die Emme nicht so verbreitert wie angenommen, können dank den vorfinanzierten Massnahmen weitere Eingriffe erfolgen.» Das sei heute Vorschrift bei der Projekteingabe. Bis jetzt laufen die Arbeiten wie geplant. Als einzige nennenswerte Überraschung erwähnt Oberhänsli eine Altlast von 700 m³ Schlackenresten aus Gerlafingen, deren fachgerechte und betreffend Papierflut aufwendige Entsorgung aus der alten Uferverbauung mit 150 000 Franken zu Buche schlägt.
Bis Ende März 2020 sind rund 2,5 Millionen Franken verbaut worden. Da im vergangenen Jahr die Bauarbeiten so gut vorangekommen sind, hofft der Unternehmer, diese bis Ende 2020 abschliessen zu können. Derzeit geht Oberhänsli davon aus, dass das Gesamtprojekt unter 6 Millionen Franken abgerechnet werden kann. Das würde bedeuten, dass ab nächs­tem Winter die Seite Utzenstorf für Besucher wieder freigegeben wird. Nachdem auf der Seite Bätterkinden keine Blocktransporte mehr nötig sind, besteht hier keine Einschränkung mehr betreffend Wanderwege.

Gewünschte Emme-Inseln
Im Sommer 2021 sieht der Zeitplan den Bau der Emme-Inseln (10 x 10 Meter) mit verankerten Baumstämmen samt Wurzeln vor. Hinter und über den fixierten Flusshindernissen können dank Schwemmgut Inseln entstehen, die Fischen Unterschlupf und Vögeln und Insekten eine passende Umgebung garantieren. Diese Inseln helfen, die Emme zu verbreitern und neue Auengebiete zu fördern, wobei letztere möglichst mehrmals pro Jahr überschwemmt werden sollten. Zudem wäre wünschenswert, wenn die Emme Richtung neuem Damm vermehrt «frisst», neue Läufe bildet, im ganzen Gebiet mäandert und mit gewünschten 150 Meter Breite auch hier für eine Intensivierung der ursprünglichen «weichen» Auenlandschaft mit passendem Baum- und Pflanzenbewuchs sorgt.
Oberhänsli blickt zurück auf Praktiken zurückliegender Zeiten bis circa 1910, als die Emme auf rund 30 bis 35 Meter verschmälert worden ist, um die Flusssohle gezielt abzusenken. Auf der jetzigen Baustelle befindet sich die Flusssohle rund drei Meter tiefer als früher. Das hat zur Folge, dass die Auenwälder seit Längerem im Trockenen liegen und das Grundwasser in diesem Gebiet teilweise direkt in die Emme fliesst. «Das konnte in den letzten zwei trockenen Sommern beobachtet werden, als die Emme streckenweise (circa 6 km) kein Wasser mehr führte und Besucher im jetzigen Baubereich auf Flussabschnitte stiessen, die teilweise gleich viel Wasser führten wie in Emmematt.»
Die Befürchtungen einzelner nahe wohnender Liegenschaftsbesitzer, ob ihr Grundwasser infolge der Bauarbeiten versiegen würde, hat sich jedoch nicht bestätigt.

Unter einem guten Stern
Das linke Emme-Ufer und die Dammseite Richtung Utzenstorf sind respektive werden bezüglich der Böschung fertig gestaltet. Steinhaufen für Kriechtiere, die hier sonnen und sogar überwintern können, sowie verankerte Wurzelstöcke und eine Humusierung garantieren weiteren Lebewesen wie Vögeln, Insekten usw. eine artgerechte Umgebung. Die Bepflanzung erfolgt ausschliesslich mit lokalen Bäumen und Sträuchern. Der noch vorhandene Wald zwischen Emme und neuem Damm wird der Natur überlassen, wobei ein Mäandern der Emme ausdrücklich erwünscht ist.
«Während der gesamten Bauarbeiten ist kein Unfall passiert», schliesst Oberhänsli seine Ausführungen. «Dafür haben wir einmal riesiges Glück ge­habt. Aus irgendeinem Grund wurden die Fahrzeuge der Arbeiter an einem anderen Ort als üblich abgestellt. An diesem Tag stürzte ein riesiger Baum ohne ersichtlichen Grund – es herrschte praktisch Windstille – genau auf dieses Parkgelände. Es ist offensichtlich: Unsere Baustelle steht unter einem guten Stern.»

Gerti Binz


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