Elisabeth Zäch verabschiedet sich voll Dankbarkeit
17.12.2016 Aktuell, Politik, Burgdorf, GesellschaftDabei steht anfangs etwas anderes in ihrem Blickwinkel: Sie hat Kommunikation (Journalistin) studiert und in verschiedenen Sparten gearbeitet, dann im Schnellgang Buchhändlerin inklusive Geschäftsführung angefügt, die Buchhandlung Langlois am Kronenplatz geführt und sich schliesslich der Politik zugewendet. «Und jetzt gehe ich mit einem 60-Prozent-Pensum wieder zurück in die Buchhandlung.»
Ganz anders als erwartet
Auf die Frage, wie sie sich wenige Tage vor Ende ihrer Stapi-Amtszeit fühle, sagt sie: «Ganz anders, als ich erwartet habe. Ich hatte bereits meinen Partner Dani gebeten, mir im Bedarfsfall nach den Herbstferien zu helfen, wenn ich traurig und wehmütig werde. Das Gegenteil ist eingetreten. Ich fühle mich richtig leichtfüssig, kann in Ruhe und Freude auf je acht Jahre als Stadtpräsidentin und vorher gleich lange als Gemeinderätin zurückblicken. Viele Projekte konnten erfolgreich zu Ende gebracht werden. Als Gemeinderätin (Ressort Bildung) durfte ich beispielsweise Schulhäuser mit Tagesschulen sowie Turnhallen bauen.»
Auch im Stadtpräsidium sei so vieles so gut verlaufen. «Die Zusammenarbeit im Gemeinderat über die Parteigrenzen hinweg hat immer funktioniert. Und dies in jeder Zusammensetzung des Gremiums. Auch der politische Austausch mit dem Stadtrat war erfreulich. Politisch kontroverse Diskussionen gehören dazu, aber der Ton war doch stets hochanständig und respektvoll. Die Zusammenarbeit war wirklich konstruktiv, weshalb vieles gelungen ist, an dem ich grosse Freude habe.»
Bedeutende Arealentwicklungen
Zu den Highlights ihrer Karriere gehört die neue Zweckbestimmung des lange leer gestandenen Kornhauses, in dem jetzt die Gasthausbrauerei untergebracht ist. Sehr wichtig für Burgdorf ist, dass die Projekte Markthalle und Casino Theater die Abstimmungshürden und den Gang durch die Instanzen erfolgreich abschliessen konnten (Markthalle) beziehungsweise auf guten Wegen (Casino) sind. Zäch erwähnt «die rund zehn Arealentwicklungen sowohl rund um den Hauptbahnhof, den Bahnhof Steinhof als auch in den Quartieren – diese werden Burgdorf weiterbringen. Als Auslöser kann die Firma Alfred Müller AG bezeichnet werden, die das Aebiareal gekauft und damit die Entwicklung im Bahnhofquartier angeschoben hat.»
Sie spricht von der Homepage «Burgdorf 25», auf welcher alle Arealentwicklungen aufgeführt sind, und betont, dass man «Burgdorf in einigen Jahren nicht mehr wiedererkennen wird», so sehr werde sich das Areal um den Bahnhof verändern. Wichtige Unternehmungen glauben an den Standort Burgdorf und investieren hier.
Tech, Schloss und Gesundheitswirtschaft
Zäch blickt zurück «auf den langen Kampf für den Erhalt des mehr als hundertjährigen ‹Techs› (Berner Fachhochschule)», der ihr enorm viel Durchhaltewillen und Engagement weit über Burgdorfs Grenzen hinaus abverlangt hat. «Aber es hat sich gelohnt. Wir haben nicht das Maximum bekommen, aber der Campus Gsteig für die Technische Fachschule Bern, ergänzt mit dem TecLab am Jlcoweg, ist ein guter Kompromiss.»
«Von ganz grosser Bedeutung für Burgdorf ist natürlich das Schloss, dessen Zukunft nach vielen Jahren beharrlichen Kampfes und Engagements als strahlendes Wahrzeichen der Zähringerstadt für die Bevölkerung von nah und fern erhalten bleibt.» Zäch wird sich künftig als Stiftungsrätin weiter mit der Schlosszukunft beschäftigen.
Als ganz wichtig bezeichnet sie Zäch die Gesundheitswirtschaft Burgdorf, bei der die Stadtverwaltung zusammen mit der Wirtschaft, Investoren und der Kantonalen Wirtschaftsförderung das Projekt «B.forHEALTH» realisiert. Dieses Projekt will neue Firmen und Dienstleistungen aus dem Bereich Gesundheit ansiedeln und ist für den Wirtschaftsstandort Burgdorf von grosser Bedeutung.
Sorgenkind Finanzen
Auf die Frage, ob irgendwo Fehler oder Pannen passiert seien, präzisiert die Stadtpräsidentin: «Ein Endlosthema sind die städtischen Finanzen. Das ist weder eine Panne noch ein Fehler, aber die engen finanziellen Verhältnisse der Stadt sind schwierig. Zwar konnten wir die notwendigen Investitionen immer irgendwie tätigen, aber etwas mehr Spielraum muss möglich werden. Die Finanzen bleiben deshalb ein gewichtiges Thema auf der politischen Landkarte Burgdorfs.»
In ihren 16 Jahren Gemeinderat beziehungsweise Stadtpräsidium hat Geld immer eine bedeutende Rolle gespielt: «Wir verwalten Steuergelder, was bedeutet, wir müssen diese sparsam und sinnvoll einsetzen.» Für sie habe aktuell erste Priorität, «das städtische Eigenkapital aufzustocken und den Schuldenberg abzubauen. Hier sind wir noch nicht am Ziel.» Zäch weist auf die städtischen Sparanstrengungen sowie den erfolgten Stellen- und Serviceabbau hin. Trotz dieser Sparprogramme sei in den vergangenen Jahren die Frage geblieben: «Wie erreichen wir den finanziellen Spielraum, den eine Stadt wie Burgdorf benötigt? Mit dieser Frage werden sich auch künftig Exekutive und Legislative beschäftigen müssen.» Leider sei es eine Tatsache, dass Burgdorf zwar dank Zuwachs der Bevölkerung mehr Steuereinnahmen aufweise, aber diese Mehreinnahmen sofort an den Kanton für dessen erhöhte Gebühren abführen müsse.
Zusammen unterwegs
Elisabeth Zäch kommt auf die in Stadt- und Gemeinderat «zusammen erarbeiteten Lösungen für die zahlreichen Geschäfte» zu sprechen, «die entsprechend von allen mitgetragen worden sind. Diese waren breit abgestützt. Wichtig schien mir immer, alle Parteien am Tisch zu haben. Das dürfte für den neu zusammengesetzten Gemeinderat jetzt schwieriger werden. Deshalb gilt es, starke Minderheiten in die Entscheidungsfindungen einzubeziehen. Andernfalls besteht die Gefahr von unüberwindbaren Gräben, wie beispielsweise in Bern, was für Burgdorf enorm schade wäre.»
Die Stadtpräsidentin betont ausdrücklich, dass «die bisher erzielten Erfolge nicht allein auf mein Konto gehen, sondern allen Beteiligten angerechnet werden müssen. Schliesslich sind wir gemeinsam unterwegs gewesen, haben gemeinsam gekämpft, Lösungen gesucht und diese auch immer wieder gefunden. Unsere Politik war geprägt von der Überzeugung, dass sich Burgdorf als erfolgreiches regionales Zentrum mit städtischer Infrastruktur positioniert, einen innovativen und weltoffenen Geist pflegt und vorwärts geht Richtung vielversprechende Zukunft.»
Unvergessene Velotour
Ein Ereignis wird Elisabeth Zäch immer in bester Erinnerung bleiben. «Bei strömendem Regen sind über hundert Personen mit unserer Petition für den Erhalt der Berner Fachhochschule – unterschrieben von gegen 20 000 Bürgerinnen und Bürgern aus Stadt, Region und Kanton – mit E-Bikes nach Bern gefahren und haben ihr Anliegen beim Regierungsrat deponiert. Es war ein Zeichen überwältigender Solidarität mit Burgdorf. Mit von der Partie waren Gemeindepräsidentinnen, -präsidenten und -mitarbeitende aus der ganzen Region, Sympathisanten, Gewerbler und andere. Dieser Support war etwas vom Schönsten, das ich je erfahren durfte.»
«Diese regionale Zusammenarbeit hat in den letzten Jahren gezeigt, wie viel wir für die Stadt und das Emmental erreichen können. Sei es beim Tech oder der Umfahrung, zusammen waren wir erfolgreich.» Ein besonderes Kränzlein windet sie «Samuel Leuenberger, dem scheidenden Präsidenten der Regionalkonferenz, der immer tragfähige Lösungen gesucht und die Geschäfte zum Erfolg geführt hat. Stadt und Land haben sich in den letzten Jahren gefunden und setzen sich für ihre gemeinsamen Anliegen ein. Davon hat Burgdorf enorm profitiert, wofür ich mich ausdrücklich bedanke.»
Campus Tech und TecLab
Als grösstes anstehendes Projekt wartet auf Zächs Nachfolger Stefan Berger der Campus Gsteig für die Technische Fachschule und das TecLab im Tiergarten. Mit dem TecLab wird eine einzigartige Institution aufgebaut, welche das Interesse für die zukunftsweisenden MINT- und Cleantech-Berufe bei Jugendlichen und Lehrpersonen fördern wird. Damit bleibt der Stadt Burgdorf ihr guter Ruf als Schul- und Bildungsstadt erhalten. Bezüglich des Campus Gsteig erwartet Zäch, dass «das mehr wird als nur der Umzug der ‹Lädere› von Bern nach Burgdorf, sondern dass hier eine Fachschule entstehen kann für zahlreiche technische Berufe, die eventuell sogar neu auf den Markt kommen. Es wird ein technisches Berufs- und Weiterbildungszentrum von überregionaler Bedeutung entstehen», schliesst sie und verweist darauf, dass «sowohl HIV als auch HGV diese Kompensation für das wegziehende Tech vollumfänglich unterstützen. Je mehr sich der neue Stadtpräsident für dieses Bildungsangebot einsetzt, umso mehr werden Stadt und Region erreichen. Überall ist von Fachkräftemangel die Rede, hier kann Burgdorf eine Pionierrolle übernehmen. Bund und Kanton Bern haben ihre Bereitschaft gezeigt, die nötige Unterstützung – auch in finanzieller Hinsicht – zu gewähren.»
Künftig viel mehr Zeit
Elisabeth Zäch erinnert sich, dass sie in den vergangenen 16 Jahren unter der Woche mehrheitlich jeden Abend beruflich unterwegs war. Das wird sich nun ändern, «darauf freue ich mich riesig. Künftig können Dani und ich kurzfristig entscheiden, ob wir zum Apéro gehen, ins Kino, Freunde treffen usw. Man wird uns vermehrt im Städtli treffen.»
Am 27. Dezember fahren sie und ihr Partner für sechs Wochen nach Nizza in eine Ferienwohnung direkt am Meer, wo sie Ruhe und Abstand zur Politik geniessen wollen. «Morgens aufwachen und realisieren, dass der Tag keine Fülle von Terminen bereithält, muss wunderbar sein.» Sie ist überzeugt, dass ihr Rücktritt als Stadtpräsidentin nach zwei Legislaturen der richtige Entscheid gewesen ist: «Man sollte aufhören, wenn alles gut läuft, man interessiert und motiviert arbeitet und die Gesundheit noch keine Probleme macht. Später abtreten ist keine Lösung.» Für sie reichen 16 Jahre im Gemeinderat Burgdorf, denn «jetzt sollen unverbrauchte Kräfte ans Werk».
Gerti Binz