Spontaner Applaus nach Millionen-Ja

  24.09.2015 Aktuell, Politik, Wirtschaft, Region, Burgdorf, Kultur, Jugend, Gesellschaft

Geprüft und für gut befunden
Namens der Geschäftsprüfungskommission (GPK) spricht Stefan Berger die baulichen Risiken beim erstmals 1175 erwähnten Schloss an: «Allerdings ist dessen Zustand während Jahrzehnten genau erforscht worden, weshalb sich die Umbaukosten im jetzigen Rahmen bewegen sollten. Der Schlossfelsen bleibt im Besitz des Kantons, womit der wirkliche Risikoposten nicht in die künftige Stiftung einfliesst.» Die GPK empfiehlt dem Stadtrat, die sich jetzt bietende Chance zu nutzen.
Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch ergreift noch vor der Debatte im Rat das Wort: «Das Schloss ist das Wahrzeichen von Burgdorf, unser Stolz. Bisher gehörte es anderen, erst den Zähringern, dann den Kyburgern, später dem Kanton, der dort – wonach sich die wenigsten sehnten – die Gerichtsbarkeit und das Gefängnis eingerichtet hat, doch jetzt heisst es: Erobern wir uns das Schloss zurück. Das vorliegende Jugi-Projekt auf dem Schloss stellt eine Riesenchance für die Stadt, die Region und den Kanton dar.» Die Stadtpräsidentin dankt den vielen Beteiligten, die sich während Jahren für das Projekt eingesetzt haben. «Es war unser Sorgenkind, doch die hat man bekanntlich am liebsten.»

Nur Zustimmung
Der Reihe nach ergreifen nun die Sprecher etlicher Parteien das Wort, weisen auf mögliche Gefahrenpunkte bei den Finanzen und anderem hin und signalisieren schliesslich Zustimmung. Andreas Stettler (FDP) warnt, dass Probleme nicht selten nach dem Start, sondern erst in der Betriebsphase auftreten. Hier gelte es, die Zusammensetzung des Stiftungsrates in der Bauphase anders zu handhaben als in den folgenden Jahren.
Vielfach wird von vertretbaren Risiken gesprochen, denen ein unbestreitbarer Gewinn seitens der Stadt gegenüber-stehe. Mehrere Sprecher/innen danken der Stadtpräsidentin für ihren unermüdlichen Einsatz. Alle sind überzeugt, dass nach Inbetriebnahme der Jugendherberge mehr Publikum in der Oberstadt und in ganz Burgdorf anzutreffen sein wird, wovon alle profitieren. «Das Dornrösli-Schloss wird erwachen.»

Grund zur Freude
Elisabeth Zäch verspricht für 2019 ein tolles Eröffnungsfest für alle. Die 34 anwesenden Ratsmitglieder stimmen ausnahmslos für den 2-Mio.-Franken-Beitrag sowie einen Investitionskredit von 50 000 Franken für besondere Ausstattungen des Trauungslokals und ein zinsloses, rückzahlbares Darlehen von 200 000 Franken zur Finanzierung der Geschäftsführung der zu gründenden Stiftung. Diese Ausgaben von total 2,25 Mio. Franken unterliegen dem fakultativen Referendum. Nachdem das einstimmige Ja feststeht, applaudieren alle im Saal Anwesenden voll Begeisterung.
Elisabeth Zäch zeigt sich nach der Abstimmung überwältigt vom eindeutigen Resultat: «Jetzt kann ich mich daranmachen, meine Grossratskollegen vom Jugi-Projekt auf dem Schloss zu überzeugen, damit sie im November die vom Regierungsrat vorgeschlagenen 9,4 Mio. Franken bewilligen.»

Endlos-Debatte für fast nichts
Vielleicht ist die Schlossabstimmung so schlank über die Bühne gegangen, weil sich das Parlament beim vorherigen Traktandum «Änderungen beim Abfall- und Gebührenreglement» heillos verzettelt hat und mit teils nicht nachvollziehbaren Abänderungsanträgen unnütz Zeit verstreichen lässt. Gemeinderat Hugo Kummer erläutert nochmals die Vorgeschichte von Littering- und Kehrichtproblemen, die Burgdorf jetzt – wie andere Städte auch – unbedingt in den Griff bekommen will. «Putzen allein nützt nichts, die Bevölkerung muss Verantwortung übernehmen und sich korrekt verhalten, d.h. den eigenen Abfall am richtigen Ort entsorgen.» Er plädiert für mehr Effizienz, denn «für eine saubere Stadt braucht es alle».
Schon beim ersten Redner hagelt es Kritik. Urs Gnehm (BDP) möchte das Geschäft wegen diverser Mängel gleich als Ganzes zurückweisen. Primär stört ihn die Pflicht, dass Veranstalter bei grösseren Anlässen Mehrweggeschirr ausgeben müssen. «Viele Vereine fühlten sich überfordert und würden auf eine Teilnahme an der Kornhausmesse, dem Nachtmarkt und zahlreichen anderen Anlässen verzichten.» Er befürchtet eine markante Abnahme der lokalen Anlässe. Zudem würden nach seiner Lesart das Bräteln an der Emme und das Verbrennen von Holzabfällen im Garten verboten. Der Rat lässt ihn mit 22 Nein zu 12 Ja abblitzen.
Die Parlamentsmitglieder setzen zur Redeschlacht an. Während die einen Mehrweggbecher und -geschirr als zumutbar und effizient in der Abfallverminderung bezeichnen und auf andere, hier erfolgreich agierende Städte und Gemeinden verweisen, lehnen andere dieses Vorgehen rigoros ab. Für etwas mehr Bürokratie – die durchaus verkraftbar sei – und flächendeckendes Mehrwegeschirr setzen sich SP und SVP ein. Auch die EVP spricht von einem guten Konzept.

Mehr Disziplin
Larissa Fankhauser bringt die Streichung der Kehricht-Grundgebühr aufs Tapet, worauf Hugo Kummer gut verständlich erklärt, wofür dieser von jeder Haushaltung zu bezahlende Betrag verwendet wird: Anschaffung und Unterhalt des Fahrzeugparks, weitere Aufwendungen wie Kosten für Separat-Sammlungen, Administration usw. Es wird weiter und teils zeitraubend bzw. nervenaufreibend geredet. Einige Ratsmitglieder nennen es «liire».
Urs Pfister (CVP) gelingt mit seiner unerwarteten Forderung, auf die geplanten Sammelstellen für Hauskehricht gänzlich zu verzichten, ein Überraschungscoup. Allerdings nur kurz, denn der Rat schmettert den Vorschlag bei einem Ja, 24 Nein und 9 Enthaltungen klar ab. Urs Gnehm mahnt bezüglich des Verbrennungsverbotes, Burgdorf solle nicht strenger als Bund und Kanton vorpreschen. Die Verschärfung wird schliesslich mit 23 Nein zu 8 Ja und 3 Enthaltungen abgelehnt; der alte Passus bleibt in Kraft: «Das Verbrennen von Abfällen ist verboten. Ausgenommen ist das Verbrennen von trockenen natürlichen Feld-, Wald- und Gartenabfällen, sofern nur wenig Rauch entsteht.» Jetzt meldet sich Hugo Kummer zu Wort: «In den 24 Jahren, die ich im Stadt- und Gemeinderat politisiert habe, war es im Rat üblich, dass Abänderungsanträge nicht als Überraschungscoup – offensichtlich dank Gedankenblitzen vor Ort – präsentiert, sondern rechtzeitig schriftlich eingereicht wurden, damit man sie in den Fraktionen diskutieren konnte.» Nicht wenige Parlamentarier applaudieren laut.
Die Streichung des Mehrweggeschirrs findet keine Gnade und wird mit 24 Nein zu 10 Ja abgelehnt, während das Parlament dem Gesamtpaket Gebührenänderung zustimmt.

Im Schnellzugstempo
Yves Aeschbacher tritt aus der Bau- und Planungskommission zurück und wird durch Vadas Emmerich (beide SP) ersetzt. Thomas Gerber (SVP) übernimmt gemäss Antrag der Fraktionen das Vizepräsidium der GPK. Der Stadtrat wählt in corpore die zehn von den Fraktionen vorgeschlagenen Mitglieder in die nichtständige Kommission zur Evaluation von NPM: Thomas Gerber (SVP), Stefan Berger und Peter von Arb (SP), Theophil Bucher (Grüne), Thomas Grimm (FDP), Andreas Rössler (BDP), Michael Ritter (GLP), David Niederhauser (EDU), Urs Pfister (CVP) sowie Tabea Bossard-Jenni (EVP).
Die Interpellanten von zwei Vorstössen betreffend «Finanzierbarkeit grosser Investitionsvorhaben» und «Stand der Umsetzung der Massnahmen aus dem kommunalen Richtplan Energie der Stadt Burgdorf» erklären sich von den Ausführungen des Gemeinderates als befriedigt. Anders Thomas Grimm, der sich nur teilweise bzw. nicht befriedigt erklärt von den Antworten des Gemeinderates und bemängelt, die wichtigsten Punkte blieben unbeantwortet. Er hat daher eine Folge-Interpellation eingereicht und hofft auf detaillierte Zahlen zur Überzeit- und Gleitzeitrechnung der städtischen Angestellten.
Gerti Binz


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