Ungewisse Zukunft des AMP-Geländes
08.03.2014 Aktuell, Politik, Burgdorf, GesellschaftZwar ist in Burgdorf in den letzten Jahren intensiv gebaut worden, aber in der Stadtverwaltung plant man bereits zehn bis fünfzehn Jahre im Voraus. In diesem Zusammenhang steht das ca. 180 000 m2 grosse Gelände des Armeemotorfahrzeugparks (AMP) rechtsseitig der Emme als Landreserve für spätere Bautätigkeiten weit oben auf der städtischen Wunschliste.
Derzeit müssen die Verantwortlichen im Gemeinderat und in der Baudirektion zur Kenntnis nehmen, dass die AMP-Verantwortlichen eine «zackige 180-Grad-Drehung» vollzogen haben und das Gelände nicht wie 2005 angekündigt im Zuge der AMP-Schliessung freigeben, sondern das riesige Areal einer neuen, intensiveren Nutzung zuführen wollen. Ein Kauf und eine Überbauung des strategisch ausgezeichnet gelegenen Landes scheinen in weite Ferne gerückt.
Sondiergespräche 2014
Laut Peter Hänsenberger, Leiter der Burgdorfer Baudirektion, steht fest, dass «grundsätzlich das AMP-Areal für Burgdorf mittel- bis langfristig eine Landreserve darstellt. In Burgdorf gibt es eine ganze Reihe Gebiete in überbauten Stadtteilen, die noch verdichtet werden. Der Bedarf für das AMP-Gelände kann heute noch nicht als akut bezeichnet werden. Trotzdem ist vorgesehen, noch im Verlauf des Jahres 2014 zusammen mit der Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch einen Kontakt zu Armasuisse Immobilien herzustellen und deren langfristige Vorstellungen zum AMP Burgdorf zu besprechen. Für uns ist klar, dass dieses Gebiet nicht für alle Zeiten von der Armee beansprucht werden kann. Irgendwann muss es für die Stadtentwicklung zur Verfügung stehen.»
Auf Rückfrage bestätigt er, dass seitens der Burgdorfer Behörden nur Wünsche angebracht werden können; als Landbesitzerin kann die Armee hier nach Belieben schalten. «Wir hoffen schon, dass wir die Verantwortlichen von unseren Argumenten überzeugen können. Bundesrechtlich untersteht das Militär einer eigenen Gesetzgebung; wir können nur auf eine sinnvolle Nutzung hinweisen. Sie sind absolut nicht abhängig von uns und unseren Wünschen.» Entsprechend können die Burgdorfer in ihren Zonenplänen festhalten, was sie wollen; das Militär entscheidet nach eigenem Gutdünken.
Schritt um Schritt
Hänsenberger hält fest, dass Gedanken über einen Kauf des Areals oder die Art der Überbauung absolut verfrüht sind: «Wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt eine Veränderung abzeichnet und das VBS (Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) einen Verkaufstermin festlegt, kann man an die Ausarbeitung von Entwicklungsvorstellungen herangehen. Dann ist es früh genug, sich nach Investoren, Pensionskassen, Unternehmen, Familien usw., umzusehen. Derzeit steht eher die Frage im Vordergrund, welcher Nutzung das Areal zugeführt werden soll: Wohnen, Gewerbe, Dienstleistungen, Mischformen von Wohnen und speziellen Arbeitsplätzen und anderes mehr.»
Hänsenberger weist auf eine Studie hin, die bereits mit der Berner Fachhochschule in Burgdorf bezüglich möglicher Überbauungsmuster gemacht worden ist. «Das Areal eignet sich ausgezeichnet für Wohnungen, es ist gut besonnt. Mit einer Brücke über die Emme für Fussgänger und Velofahrer würde die dort wohnhafte Bevölkerung die S-Bahn-Station Oberburg in fünf Minuten erreichen.»
Verkauf «alte Butteri»
Derzeit wird in Burgdorf eifrig gebaut beziehungsweise in bereits eingezonten Siedlungsgebieten verdichtet: «Ein Überbauungsprojekt Heubach (frühere Gärtnerei beim Friedhof) liegt mit rund 40 Wohneinheiten auf, ein weiteres fürs Schafroth-Areal, Bucher-Areal und für Typon 2 sowie das Sutter-Gut Nord mit rund 30 000 m2 Geschossfläche.»
Auch im Bereich Gotthelfstrasse mitten im Zentrum stehen Änderungen an: Der Kanton beabsichtigt, noch dieses Jahr das Farbweg-Areal «alte Butteri» zu verkaufen. Vom Gebäude mit Umschwung und Parkplätzen gehören rund zwei Drittel dem Kanton und ein Drittel der Migros. Hänsenberger spricht hier «von einer absolut idealen Wohnlage, zentral, nahe zum Bahnhof». Er kann sich vorstellen, dass im Parterre Dienstleistungen angesiedelt werden, darüber Wohnungen. Die «alte Butteri» hat der Kanton lange Zeit als Reserve behalten und wollte hier – bei einem Scheitern der Neubauprojekte für die Kantonale Verwaltung an der Kirchbergstrasse – einen Ersatzbau erstellen. «Nachdem die Verwaltung umgezogen ist und am neuen Standort ihre Arbeit aufgenommen hat, ist diese Landreserve überflüssig geworden. Daher der beabsichtigte Verkauf.»
Zuversichtliche Stadtpräsidentin
Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch gibt sich zuversichtlich: «Wir hoffen, mit dem VBS so gut ins Gespräch zu kommen, dass wir demnächst einen Termin festlegen können. Wir sollten wissen, wann das Gelände ‹freigespielt› wird, damit es für eine zivile Entwicklung zur Verfügung steht. Ich spreche nicht von morgen, aber unser Wunsch wäre ein realistischer Zeitplan für eine gute Stadtentwicklung.»
Sie betont, dass die «derzeitigen Baulandreserven für eine angemessene Stadtentwicklung durchaus genügen. Für die nächsten zehn Jahre sind diese ausreichend.» Auch sie weist auf das Bucher-Areal hin, die zweite Bauetappe Typon, das Aebi-Areal und anderes mehr. Nicht zu vergessen die Verbandsmolkerei, eben die «Butteri». Auch Zäch bestätigt einen beabsichtigten Verkauf noch im laufenden Jahr.
Vorausschauend aufgleisen
Zäch betont, dass «so gewichtige Landgeschäfte vorausschauend eingefädelt werden müssen». Lachend fährt sie fort: «Ich nehme nicht an, dass ich die Verhandlungen dieser Geschäfte noch zum Abschluss bringen beziehungsweise umsetzen werde, aber aufgleisen will ich sie noch. Hingegen werde ich in meiner Amtszeit bis Ende 2016 alles versuchen, um Klarheit bezüglich des AMP-Areals zu erhalten. Das ist auch in unseren Legislaturzielen festgehalten.»
«Das VBS weiss, dass wir bei der Entwicklung dieses grossen Areals mitreden wollen und grosses Interesse daran haben.» Sie sieht keine Schwierigkeiten, hier einen Investor zu finden, der die Entwicklung dieses Gebietes übernehmen würde. «Das muss nicht heute oder morgen passieren, aber übermorgen schon!»
Elisabeth Zäch ist fest überzeugt, dass sich das VBS trotz der Mitteilung, das AMP-Areal weiterhin für eigene Zwecke zu nutzen, auf Verhandlungen einlassen wird. Alles spricht heute dafür. «Man kann doch nicht in heutiger Zeit, in der so engagiert über Raumplanung, Verdichtung und Siedlungsentwicklung diskutiert wird, ein so gut erschlossenes Gebiet für Garagen, Depots, Lagerhallen und – wenn es gut geht – maximal 30 Arbeitsplätze blockieren. Momentan arbeiten rund zehn bis zwölf Personen auf dem AMP-Gelände. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäss und sinnvoll.» Die Stadtpräsidentin ist überzeugt, dass «im VBS so viel Einsicht vorhanden ist». Für sie ist klar, dass die Armee für ihre sicher legitimen Bedürfnisse an anderen Standorten genügend – bereits vorhandenen – Platz finden wird.
Regional bedeutend
Zäch fährt fort, dass «dieses Gebiet nicht nur für die Stadt Burgdorf, sondern auch für die ganze Region von Bedeutung ist». Es gilt genau abzuklären, ob hier Wohnen oder Gewerbe beziehungsweise eine Mischform anzusiedeln sein wird. All das ist noch völlig offen, aber «wir müssen uns dieses Gebiet strategisch sichern». Auf Nachfrage erklärt sie, dass derzeit von «rund 3000 Personen die Rede ist, die später einmal hier wohnen könnten». Und präzisiert umgehend: «Wachsen allein ist noch nicht gleichbedeutend mit Qualität. Eine solche Zunahme der Bevölkerung bedingt zwingend eine Zunahme der städtischen Infrastruktur, mehr Schulen, gesicherte Zufahrtsstrassen und anderes mehr.»
Ein Anwachsen der Bevölkerung bedeutet für die Stadtentwicklung eine Zunahme der Steuereinnahmen. Andererseits zieht das Ansiedeln von Gewerbe ein grösseres Verkehrsaufkommen nach sich; wie viel mehr Verkehrsbelastung können die Strassen aufnehmen? All das wird zu prüfen sein. «Der erste Schritt bedeutet, dass wir Klarheit über die Zukunft des AMP-Areals erhalten. Und dass wir beim VBS unmissverständlich deponieren, dass die Stadt Burgdorf bei der Entwicklung dieser 180 000 m2 mitreden will.» Auf die Frage nach ihrem Zeitrahmen gibt sich die Stadtpräsidentin flexibel: Beide Seiten stehen nicht unter Zeitdruck: «Wenn das VBS für die nächsten paar Jahre noch Eigennutzung geltend macht, ist das für den Gemeinderat in Ordnung. Hingegen wollen wir die VBS-Verantwortlichen davon überzeugen, dass sie das Areal mittelfristig räumen, damit dieses für die Entwicklung der Agglomeration zur Verfügung steht.»
Finanzielle Herkulesaufgabe
180 000 m2 erschlossenes Bauland in idealer Lage und nicht weit entfernt vom Burgdorfer Zentrum wird zu einem späteren Zeitpunkt nicht verschenkt. Dessen ist man sich auch im Gemeinderat bewusst. Und der Tatsache, dass die Stadt nicht einfach in eine volle Geldtruhe greifen kann und den später einmal festzulegenden Kaufpreis begleichen kann. «Diese Fragestellung muss – wenn es aktuell wird – politisch diskutiert werden», hält Elisabeth Zäch fest. «Gehört es zu den Kernkompetenzen der Stadt, hier einzusteigen und das Gelände selber zu kaufen? Bis jetzt steht nur fest, dass es sich um ein zu entwickelndes Gebiet handelt.» Zu prüfen wird ein städtischer Kauf und die Weitergabe im Baurecht sein. Sie spricht von den guten Erfahrungen, welche die Burgergemeinde seit Jahrzehnten mit dieser Methode gemacht hat. Andererseits hat sie Bedenken, ob ein Investor sich auf so etwas einlässt. Hier erwartet sie fundierte Abklärungen.
Ordnung auf der Hauptachse
Bevor die Entwicklung des AMP-Areals an die Hand genommen wird, muss gemäss Elisabeth Zäch Ordnung auf der Zufahrtsstrasse ins Emmental herrschen. «Bevor überhaupt Entwicklungskonzepte ausgearbeitet werden können, muss Klarheit über die definitive Linienführung des Verkehrs vom Emmental Richtung Burgdorf beziehungsweise in die umgekehrte Richtung herrschen. Es existieren ganz unterschiedliche Auslegeordnungen.» Sie ist sehr froh, wenn das Thema nicht mit der Begründung «es ist sowieso kein Geld vorhanden» ad acta gelegt wird, sondern dass die derzeit stattfindende Überprüfung ein Stück weit Klarheit bringt. «Was ist mit weniger Geld realisierbar, was ist kurzfristig machbar, was kann man längerfristig verbessern?»
Zäch erwähnt die Best-West-Variante, bei der grössere Abschnitte untertunnelt werden sollten. Eine Durchfahrt des Meiemoos-Geländes ist für sie keine Option. Sie ist zufrieden mit dem Beschluss des Grossen Rates, dass jetzt eine vertiefte Prüfung stattfinden soll. So stehen momentan Unter- bzw. Überführungen beim Spital und in der Buchmatt zur Diskussion. «Kreisel bringen schon einiges, aber nicht alles. Was kann eine Entflechtung von Schiene und Strasse bei diesen zwei Hauptpunkten bringen?» Regierungsrätin Barbara Egger tendiert auf Etappierungsvorschläge für die Umfahrung ins Emmental. Die Stadtpräsidentin «ist froh, dass man am Thema dranbleibt und sich nicht blockieren lässt, weil kein Geld zur Verfügung steht, keine politische Einigkeit herrscht usw. Wir müssen einen Weg suchen, denn eine Lösung ist extrem wichtig für die gesamte Entwicklung an der Achse Burgdorf–Emmental.»
Gerti Binz