Vier Schwinger erhalten nachträglich einen Kranz
09.01.2014 Aktuell, Schwingen, Burgdorf
Das Festzelt neben dem Burgdorfer Schützenhaus ist schon eine halbe Stunde vor Festbeginn brechend voll. Vier Schwinger, Beat Cloparth, Christian Dick, Ivo Laimbacher und Martin Suppiger, werden mit fast vier Monaten Verspätung doch noch geehrt, und das soll für diese erfolgreichen Männer, die um ihre Krönung am ESAF in der Schwinger-Arena gebracht worden sind, nachträglich so würdig wie möglich geschehen.
Nochmals ein volles Haus
Über 200 Personen, vielfach um die zwei Meter gross und von 100 kg Lebendgewicht an aufwärts, plaudern gut gelaunt mit Kollegen und Freunden. Vereinzelt hat sich eine Ehefrau oder Freundin in die Männerdomäne gewagt, auch einzelne Kinder – sicher Schwinger-Nachwuchs – sind vor Ort. Besondere Aufmerksamkeit erregt Christian Stucki, dessen kleiner Sohn an Vaters Riesenpranken erste Gehversuche unternimmt.
Rolf Gasser eröffnet den Abend mit der Begrüssung der vier Schwinger, dem fast vollständig anwesenden Zentralverband und den gleichfalls mehrheitlich anwesenden Mitgliedern des ESAF-2013-OKs. Anwesend sind auch der amtierende Schwingerkönig Matthias Sempach sowie Silvio Rüfenacht, der Schwingerkönig von 1992.
Mario John, Präsident des Eidgenössischen Schwingerverbandes (der Verband spendet das anschliessende Apéro), ist aus Chur angereist, die Schwingerkollegen, Familie, Freunde und Fans von Beat Cloparth aus der Ostschweiz per Bus. Für den Alchens-torfer Christian Dick ist es praktisch ein Heimspiel, während die zahlreichen Begleiter der Innerschweizer Martin Suppiger (Willisau) und Ivo Laimbacher (Brunnen) mit Autos vorfahren. Was bedeutet, dass der Parkplatz des Schützenhauses völlig zugeparkt ist.
Rundherum erfolgreich
Andreas Aebi, OK-Präsident des ESAF 2013, kommt in seinem Rückblick auf den guten finanziellen Abschluss des Festes zu sprechen, weshalb allen freiwilligen 4000 Helfer/innen und den beteiligten Vereinen ein um 50 Prozent höherer Stundenlohn als angekündigt ausbezahlt werden kann (Fr. 12.– statt Fr. 8.–). «Dank der Schwinger und des gelungenen Festes hat der Anlass im Kanton und der ganzen Schweiz Spuren hinterlassen und alle Menschen, daneben auch das Nationalbewusstsein, zusammengebracht», fasst Aebi zusammen. «Begriffe wie Fairness, Bodenhaftigkeit, Fitness, Kameradschaft und Korrektheit sind gelebt worden.» Weiter seien Freundschaften und Verbindungen entstanden, denen er Bestand attestiert. Er gratuliert den vier neuen eidgenössischen Kranzschwingern und wünscht allen Anwesenden ein schönes Fest.
Noch nie dagewesen
Mario John weist in seiner Rede darauf hin, dass ein solcher Akt, wie jetzt in Burgdorf durchgeführt, in der 118-jährigen Geschichte des Eidgenössischen Schwingerverbandes noch nie stattgefunden hat. Er spricht von dem «wunderschönen Fest in Burgdorf, das wahrscheinlich allen heute Anwesenden unvergesslich bleiben wird. Fast schon zu schön, um wahr zu sein, denn in der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass ein Spitzenschwinger in der Dopingkontrolle hängen geblieben ist.» Der Medienrummel war riesig, als Bruno Gisler das verbotene Stimulans Nikethamid nachgewiesen worden ist.
«Gemäss Urteil der Dopingkommission ist Letzterem der Kranz aberkannt worden.» John hält fest: «Alle, die den ideellen Wert eines Eidgenössischen Kranzes kennen, wissen wie hart diese Strafe ist. Bei Verstössen gegen das Dopingreglement gilt die absolute Nulltoleranz, sonst ist unser Sport nicht mehr glaubwürdig.»
Ehrlich verdient
Die Aberkennung des Kranzes und die gleichzeitige Streichung von der Rangliste hat eine neue Situation ergeben. John erläutert für alle Anwesenden gut verständlich, gemäss welchen Vorschriften nun vier Schwinger im 13. Rang mit je 74,50 Punkten auch noch einen Kranz erhalten. «Es handelt sich bei diesem nachgeholten Krönungsfest keinesfalls um ein verspätetes Weihnachtsgeschenk, sondern um die Umsetzung der Verbandsvorschriften. Den vier erfolgreichen Schwingern steht der Kranz ordnungsgemäss zu.»
Für die Kranzverleihung erbittet John, auf der ganzen Länge des Zeltes einen Gang freizumachen, durch den die vier Schwinger einzeln und unter anhaltendem Applaus zur Bühne gehen, wo ihnen die Ehrendamen den Kranz aufs Haupt setzen. Dann nehmen die Gekränzten den Jubel und Applaus von über 200 Anwesenden glücklich entgegen.
Erst Abstand gewinnen
Für den Seeländer Christian Dick, der in Alchenstorf wohnt, sollte nach eigenen Worten «am ESAF 2013 in Burgdorf mit dem Gewinn des 101. Kranzes vor der eigenen Haustür ein weiterer Höhepunkt dazukommen. Das hat nicht geklappt, doch jetzt ist der Kranz nachgereicht worden. Ich habe lang darauf hingearbeitet; schön, dass es jetzt doch noch geklappt hat.» Dick spricht von der bevorstehenden viermonatigen Reise zusammen mit seiner Freundin: «Wir besuchen Australien, Tasmanien und Neuseeland. In dieser Zeit kann ich mir gut überlegen, ob ich noch weiter schwingen will oder aufhören werde.»
Beim Apéro herrscht eine gelöste Stimmung. Das Personal muss pausenlos für Nachschub sorgen, denn eine normale Platte mit Käse, Schinken, Wurst und Trockenfleisch für einen ganzen Tisch macht kaum einen einzelnen Schwinger satt. Immer wieder räumt eine kräftige Schwingerhand unter dem Gelächter der Umstehenden die nahe stehenden Tische ab.
Gerti Binz