Würdiger Empfang für Schwingerkönig Matthias Sempach
10.09.2013 Aktuell, Alchenstorf, Schwingen, Sport, Region, Kultur, Gesellschaft«Mein Bubentraum ist in Erfüllung gegangen», erklärt Matthias Sempach, Schwingerkönig am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest ESAF 2013 in Burgdorf, bei seiner Ehrung in der kürzlich erstellten grossen Maschinenhalle Wyss beim Tannwald und wischt sich bei den vielen Festansprachen immer wieder eine Träne aus den Augenwinkeln.
Äusserst beliebt im Dorf
Alchenstorf liegt knapp acht Kilometer vom ESAF-Gelände in Burgdorf entfernt, ist aber jedem Schwinger im Kanton Bern und wahrscheinlich auch in der ganzen Schweiz ein Begriff. Vor 24 Jahren hat der Lehrling Adrian Käser aus Alchenstorf die Königskrone errungen, auch OK-Präsident Andreas Aebi wohnt hier. Zudem haben drei Einheimische am ESAF 2013 teilgenommen: Christian Dick, Simon Luginbühl und Remo Käser, der Sohn von Schwingerkönig Ädu. «Immer wieder feiern einheimische Schwinger während Jahrzehnten Erfolge», wie der frühere Kranzschwinger Urs Furrer (1941) betont, der sich enorm über den Sieg von Mättu freut und es ihm wie die ganze Dorfbevölkerung von Herzen gönnt. «Mit meinen Kollegen am Schwingfest hätte ich aus taktischen Gründen einen Gestellten von Sempach akzeptiert, aber der Angriff mit Kurz / Fussstich und der Sieg waren überwältigend. Ein würdiger, echter König!» In das Lob für Sempach schliesst Furrer auch die Anerkennung für den fairen Verlierer Christian Stucki als Erstgekrönten ein.
Königlicher Festumzug
Dann kommt Bewegung in die wartende Menge mit den Eltern Elisabeth und Daniel Sempach sowie Bruder Stefan mit Partnerin Chantal Rothen: Hinter einer Wegbiegung taucht der Schwingerkönig auf, mit seiner Verlobten Heidi Jenny am linken Arm und in der rechten Hand das Seil mit Muni «Fors vo dr Lueg», begleitet von OK-Präsident Andreas Aebi und anderen. Jubel brandet auf, Treicheln und Glocken werden geschwungen, Lachen, Freude, noch mehr Gratulationen, der Tag könnte schöner und sonniger nicht sein. Der Festzug formiert sich wie von selbst.
Neben Bundespräsident Ueli Maurer sind Regierungsratspräsident Christoph Neuhaus, vielköpfige Delegationen der umliegenden Gemeinden Burgdorf, Kirchberg und Lyssach, OK-Spitzen vom ESAF 2013 und Delegationen von Estavayer-le-Lac, dem ESAF-Austragungsort 2016, OK-Präsident Andreas Aebi, weitere Honoratioren sowie Tausende Besucher erschienen. Alle ESAF-Schwinger aus Alchenstorf, der gesamte Schwingernachwuchs der umliegenden Gemeinden sowie die Kranzschwinger aus dem ganzen Kanton Bern einschliesslich Kilian Wenger sind anwesend und marschieren mit. Zahlreiche Fotografen und TV-Leute umschwirren den König, der den Marsch im «Triumphzug» mit stoischer Ruhe über sich ergehen lässt und nach allen Seiten Grüsse erwidert. Zwischendurch huscht ein fast unmerkliches Lächeln über sein Gesicht.
Alle sind in Festlaune
Die Reihe der sichtlich gut gelaunten Gratulanten in der Maschinenhalle ist beachtlich. Der meiste Applaus gehört dem neuen Schwingerkönig Sempach, doch auch Christian Stucki, der Ersterem im Schlussgang unterlegen ist, wird frenetisch gefeiert. Immer wieder diskutieren die Anwesenden die herzliche Gratulation noch im Sägemehl, die anschliessende stehende Umarmung und den «Muntsch», den Stucki dem neuen Schwingerkönig aufs Haupt gedrückt hat. Im Laufe der bis nach Mitternacht dauernden Feier jubeln, klatschen und juchzen die Sempach-Fans. Nicht alle rund dreitausend finden in der Halle und an den Tischen Platz, vor den zwei grossen Toren und auf dem Festgelände drängen sich viele weitere.
Erfüllte Hoffnungen
Verschiedene Redner gestehen, dass im Dorf schon vor dem Schlussgang Vorbereitungen für ein Fest getroffen worden sind. Nicht vergebens: Der allseits beliebte und seit Jahren zu den besten Schwingern gehörende 27-Jährige hat alle in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllt. «Und meine eigenen auch», wie er betont. «Ich wollte den Sieg unbedingt, habe mich lange darauf vorbereitet und meinen Alltag während Monaten auf dieses Ziel ausgerichtet.» Er räumt ein, dass seine Verlobte Heidi Jenny, mit der er seit fünf Jahren fernab der Öffentlichkeit in einem Einfamilienhaus lebt, etwas zu kurz gekommen ist: «Dafür haben wir im Herbst Ferien in Argentinien geplant.» Auf die Frage, ob er nach dem Gewinn der Königskrone dafür Zeit finde, entgegnet er: «Was ich zugesagt habe, halte ich immer ein. Wir fliegen und freuen uns darauf.»
Doch vorderhand sieht er täglich die zahlreichen Transparente vom Dorfeingang (Königsdorf) und an den Hausfassaden bis zur umbenannten Königsstrasse, die alle an den gekrönten und für drei Jahre regierenden «Mättu» erinnern.
Werte und Weitblick
Burgdorfs Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch, deren Gemeinderatskollegen einen Geschenkkorb mit Burgdorfer Bierspezialitäten auf die Bühne wuchten, überbringt zwei Aktien der Burgdorfer Gasthausbrauerei und hofft auf Sempachs Teilnahme an deren jährlicher Generalversammlung, auch dies ein Grossanlass. Sie versichert dem inzwischen seit Stunden gefeierten Schwingerkönig, dass ihm alle den Sieg gewünscht haben und sich nun gerne von ihm regieren lassen werden. Ueli Maurer bezeichnet Sempach als würdigen Schwingerkönig, der die wichtigen Werte lebt und den Weitblick hat, um seine Zukunft sinnvoll zu gestalten, mit diesem wichtigen Amt richtig umzugehen weiss und dem Schwingsport alle Ehre erweist. Zahlreiche Redner schliessen sich an, überbringen Geschenke und feiern Sempach viele Stunden lang. Immer wieder Standing Ovations und die Welle, Jubel, eine Musikeinlage nach der anderen.
Der gleiche Samichlaus, der früher im Auftrag der Eltern Elisabeth und Daniel Sempach den zwei Söhnen Matthias und Stefan als Buben ins Gewissen geredet hat, schwingt zwar eine Rute, überbringt aber wie alle anderen Redner auch Geschenke. Vor allem Bruder Stefan, der nach eigenen Worten «verletzungsbedingt alle Ambitionen auf ein erfolgreiches ESAF 2013 begraben musste», ist seinem Bruder moralisch eine grosse Stütze gewesen.
Gerti Binz