Richter, Hexen und Henker in Burgdorf

  09.04.2024 Aktuell, Wirtschaft, Burgdorf, Gesellschaft

Die Wetterbedingungen – ein düsterer, bedeckter Himmel und kalte Böen – passten gut zum Thema der Stadtführung «Richter, Hexen und Henker», welche am vergangenen Mittwoch stattfand. Nicht nur die kühlen Temperaturen brachten die Gäste zum Frösteln, sondern auch die Geschichten, die sie zu hören bekamen.
Spätestens an diesem Abend lernte man die düstere Seite der Vergangenheit von Burgdorf kennen. Vielleicht fühlte sich das Leben für die Leute in früheren Jahrhunderten gut an, doch der Umgang mit Straftäterinnen und Straftätern wirkt in der heutigen Zeit gruselig. Lorenz Rebmann führte eine Gruppe Interessierte, die meisten aus der Region, zurück ins düstere Mittelalter und die Jahrhunderte danach. An verschiedenen Schauplätzen in der oberen Altstadt erzählte er erstaunliche und erschütternde Lebensgeschichten.

Vom Kronenplatz zum Stadthaus
Auf dem Kronenplatz, wo sich heute Burgdorfer/innen zu einem Schwatz treffen oder Kinder auf einem Spielpferdchen wippen, stand früher neben dem Brunnen ein Pranger. Das ist ein Schandpfahl, an den Verurteilte gefesselt und von Passantinnen und Passanten verspottet wurden. Dort, wo heute im Stadthaus diniert wird, stand früher das Rathaus. Hier tagte das Landgericht unter dem obersten Richter. Dieser entschied bei städtischen Straftaten über Leben und Tod, über Enthauptung oder Verbrennung, über Ertränken oder einen Stadtverweis.  
Rebmann berichtete von Übeltätern und Hexen und erläuterte die brutalen Verhörmethoden, die durch Folterungen die Angeklagten gefügig machten. Gar mancher Lebenslauf hörte sich befremdend an, beispielsweise jener eines Arztes und eines Apothekers. Die beiden retteten einen Mann, der nach einem Sturz vom Dach knapp überlebt hatte. Doch ihre Hilfe war trügerisch. Im Untersuchungszimmer des Arztes wurde der Verletzte bei lebendigem Leib aufgeschlitzt und untersucht. Nach seinem Tod präparierten die Männer sein Skelett, das später den Weg ins Gymnasium Burgdorf fand, wo es noch heute stehen soll.

Vom Schloss auf den Galgenhügel
Über Schandtaten, die nicht in der Stadt, sondern im Staate Bern verübt wurden, richtete der Statthalter auf dem Schloss. Zu früheren Zeiten entschied er unter der Gerichtslinde im Schlosshof über eine angemessene Strafe, später im Gerichtssaal. Im Falle eines Todesurteils führten die Landjäger und zwei Geistliche den Täter am Tag der Urteilsvollstreckung den Armsünderweg hinunter und weiter auf den Galgenhubel, wo viele Schaulustige warteten. Stadtführer Rebmann schilderte die Details, als wäre auch er unter ihnen gewesen.
Vom Schloss aus sieht man Richtung Emme blickend auf der anderen Flussseite links neben der Waldeckbrücke ein weisses Haus. Hier lebte früher der Wasenmeister. Was neben der Arbeit als Henkersknecht zu seinen Aufgaben gehörte, erfahren Interessierte an der nächsten Führung.

Öffentliche Stadtführungen
Klassische Führungen finden bis Oktober jeden Samstag von 11.00 bis 12.30 Uhr statt. Fachkundige Stadtführer/innen zeigen dabei die Vielfalt der Zähringerstadt, führen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und informieren über historische Fakten.
Daneben bietet Emmental Tourismus für Gruppen spezielle Themenführungen an. Bestimmt findet jeder Verein ein Thema, das passt, sei’s eine Führung durch die Unter- oder die Oberstadt, die Geschichte der Stadtkirche, das brandgefährliche Burgdorf oder Kleinvenedig Burgdorf. Andere Themenführungen heissen «Schnousitour», «Bier-KulTour» oder «Detektiv-Stadtführung».

Helen Käser


Alle Infos und Tickets unter emmental.ch/stadtfuehrungen.


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