Abstimmungsreglement unter der Lupe des Stadtrats

  06.02.2024 Aktuell, Foto, Burgdorf, Politik

Antrittsrede der Stadtratspräsidentin Anette Vogt
Anette Vogt begrüsste den Stadtrat (SR) und den Gemeinderat (GR) zum ersten Mal nach ihrer Wahl zur neuen Stadtratspräsidentin. Inspiriert von der letzten Sitzung mit vertieften Diskussionen über die neue GO (Gemeindeordnung), erläuterte sie ihre Vorstellung von Abstimmungen, vom Strecken des Armes ganz weit nach oben, damit die Stimmenzählenden deutlich sehen, wer hinter einer Sache steht. In weiser Voraussicht – die aktuelle Sitzung generierte viele Abstimmungen – setzte sie gleich zum Training an. Sie formulierte jeweils zwei Begriffe und bat, schnell, spontan und entsprechend den eigenen Werten eine Entscheidung zu treffen: Berg oder Meer, Hund oder Katze, Sommer oder Winter ... Die Stadträte/-innen entschieden persönlich, also nicht so, wie bei Stadtratsgeschäften, wo die Meinungen in den Fraktionen bereits vor der Sitzung gemacht werden. Die Abstimmungsbilder waren ungewohnt, keine geschlossenen Blöcke. Vogt zeigte sich erfreut, dass sich alle ausschliesslich auf die Sache konzentriert hatten.
Sie kam auf die Neuwahlen im November zu sprechen. Bis dahin wolle jede Partei möglichst viele Wählende von sich überzeugen. Umsichtige und innovative Ideen seien gefragt, Lösungen, die einen guten Kompromiss der verschiedenen Werthaltungen im SR abbilden würden, Lösungen, bei denen die Folgen für die unterschiedlichsten Betroffenen berücksichtigt würden. Dafür müssten die Gewählten die Meinungen der andern anhören, versuchen, diese nachzuvollziehen und vielleicht für eine Überraschung sorgen, indem sie einmal die Hand nach oben strecken, wenn es niemand erwarten würde. Damit würden sie für eine positive Überraschung sorgen: «Und was positiv ist, das ist dann wieder Ansichtssache», schloss Vogt ihre Rede.

Teilrevision GO und Abstimmungsreglement
Während der letzten drei Jahre wurden diverse Vorstösse überwiesen, welche eine Anpassung des kommunalen Organisationsreglements sowie Vorschriften über die Urnenwahlen und Abstimmungen verlangen. Für die im Jahr 2024 anstehenden Gesamterneuerungswahlen für den Stadtrat und den Gemeinderat sollen die erleichterten Bestimmungen bereits angewandt werden können. Aufgrund der festgelegten Vollzugsfristen der überwiesenen Vorstösse ist zudem eine Anpassung der entsprechenden Rechtsgrundlagen erforderlich.
Die GO wurde bereits in der Sitzung vom Dezember 2023 bereinigt und anlässlich der zweiten Lesung einstimmig genehmigt.
Somit lag das Hauptgewicht auf der Teilrevision des Abstimmungsreglements. Das Engagement des SR für ein gerechtes und optimales Abstimmungsreglement war eindrücklich. Während gut zwei Stunden diskutierten die Fraktionen über verschiedene Artikel im Reglement. Fragen wurden beantwortet, Beratungen mit dem Stadtschreiber und dem Stadtpräsidenten geführt. Zudem bewilligte die Stadtratspräsidentin zwei Kurzpausen, damit Gespräche innerhalb der Fraktionen möglich waren.
Den Vorschlägen des GR wurden Änderungsanträge entgegengestellt, die einen von den Fraktionen FDP, SVP, EDU, GLP und Die Mitte, die andern von der SP. Im Ausschlussverfahren wurde bestimmt, welche Formulierung der Mehrheit entsprach und diese wurde dann genehmigt. Zu reden gaben verschiedene Themen, vorab die Offenlegung der Parteifinanzen. Für Abstimmungs- und Wahlkampagnen auf städtischer Ebene soll transparent über die Höhe der Zuwendungen ab 1000 Franken und deren Herkunft kommuniziert werden. Weiter stand die Frage über den Zeitpunkt dieser Veröffentlichung zur Diskussion.
Allen Fraktionen ist es wichtig, dass mit dieser neuen Regelung kein Papiertiger geschaffen wird. Die Informationen sollen durch einheitliche Formulare elektronisch eingereicht und offengelegt werden. Bei diesen Erhebungen und der Prüfung der eingereichten Informationen stand die Frage nach dem Datenschutz im Raum. Stadtpräsident Stefan Berger erklärte, dass Burgdorf die kantonalen Datenschutzvorgaben einhalte und ein Formular gestalte, das sich an jenes der Stadt Bern anlehne. Die veröffentlichten Informationen werden nach vier Jahren gelöscht. Abschliessend wurde die Revision der GO und des Abstimmungsreglements grossmehrheitlich genehmigt.

Kommunikationskonzept Stadt Burgdorf
Ein Legislaturziel verlangte die Erarbeitung eines städtischen Kommunikationskonzepts, um einfacher, schneller und intensiver zu kommunizieren, sowohl intern als auch extern. Der Marketingbeauftragte der Stadt, Torfinn Rothenbühler, informierte darüber. Während einer Analysephase wurden Umfragen durchgeführt, das Gespräch mit Vereinen, Schulen, Verbänden, Firmen und Neuzuzügern gesucht. Bei der Erarbeitung eines Konzepts wurden diese Informationen integriert. Die Verwaltungskommunikation erfolgt zukünftig dezentral aus den Direktionen. Aktuell werden die Kommunikationsprozesse überarbeitet und das Intranet mit Zusatzfunktionen weiterentwickelt. Die Website der Stadt und die Tourismus- und Freizeit-Plattform werden in der zweiten Hälfte 2024 ebenfalls aktualisiert.

Zusammenleben der Menschen in den Quartieren
Die Grüne-Fraktion nimmt mit ihrer Interpellation Bezug auf das Legislaturziel «Der Sozialraum wird so gestaltet, dass ein gutes Zusammenleben der Menschen in den Quartieren möglich ist». Konkretisiert wird dieses Ziel mit der Schaffung einer städtischen Fachstelle für Quartier- und Nachbarschaftsarbeit sowie Sozialraumentwicklung.
Der GR erklärte, dass aufgrund unvorhersehbarer interner Herausforderungen eine Priorisierung bei der Bearbeitung der Legislaturziele vorgenommen werden musste. Die Ressourcen wurden zur Stabilisierung der Situation genutzt, aber auch zur Erfüllung der Kernaufgaben «Sozialhilfe» und «Kindes- und Erwachsenenschutz». Das oben erwähnte Legislaturziel habe dadurch nicht an Wichtigkeit eingebüsst, sondern habe lediglich einen Aufschub erfahren. Mit dem Engagement im Quartier Gyrischachen wurde bereits ein Teil des Integrationsleitbilds erfüllt.
In der Legislaturplanung 2021-2024 sind für die Erarbeitung des Sozialraumkonzepts 30 000 Franken und für die Schaffung einer städtischen Fachstelle für Quartier- und Nachbarschaftsarbeit sowie Sozialraumentwicklung 100 000 Franken vorgesehen. Diese Zahlen basieren auf Schätzungen und werden laufend überprüft und konkretisiert. Mit diesen Erläuterungen wurden die Fragen der Grünen laut Vicky Müller zufriedenstellend beantwortet.

Sanierungsbedarf im Freibad Burgdorf
Die SP-Faktion bemängelte in einer Interpellation, dass die Badeanstalt Burgdorf für eine Stadt dieser Grösse eine kleine Badi sei. Weiter könne von Innovation keine Rede sein. Konkret erwähnte die Fraktion den fehlenden Sonnenschutz beim Kleinkinderbecken und im Bereich der Kabinen. Die Pritschen sorgten regelmässig für Holzsplitter an Händen und Füssen und die Badebrettchen im kleinen Becken würden nie ersetzt. In der heutigen Zeit sollte es möglich sein, das Eintrittsticket bargeldlos zu bezahlen. Und da auch der geplante Hallenbadbau und damit verbundene Anpassungen des Freibads noch Jahre auf sich warten liessen, wäre es laut SP an der Zeit, ins Freibad zu investieren.
Der GR ist sich bewusst, dass das Freibad bauliche Defizite aufweist. Im vierten Quartal 2024 wird ein Konzept für eine Gesamtsanierung erarbeitet. Sanierungen, Ergänzungen und Modernisierungen der Anlage müssen geprüft werden. Da das Freibad Burgdorf ein schützenswertes Baudenkmal ist, wird die kantonale Denkmalpflege einbezogen. Die gesamte Kanalisation ist bereits saniert, und verschiedene zusätzliche Malerarbeiten und Fugensanierungen sind durchgeführt worden.
Geplant ist, dass die Verantwortlichen des Freibads für die Saison 2024 neues Spielzeug und neue Schwimmhilfen beschaffen. Defekte Liegepritschen werden ersetzt oder repariert und betreffend Sonnenschutz sind Abklärungen im Gange. Bereits 2024 soll ein zeitgemässes und einfacheres Bezahlsystem eingeführt werden.
Für die SP bedankte sich Karin Karrer für die zufriedenstellende Beantwortung der Fragen.

Planung der Gestaltung des Bahnhofsplatzes
Die Grüne-Fraktion ist am Stand der Planung für die künftige Gestaltung des Bahnhofsplatzes interessiert und gelangte darum mit einer Interpellation an den GR. Dieser erklärte, dass der Ausbau des Bahnhofs SBB und dessen Umfeld im Rahmen des «Entwicklungszielplans Bahnhof SBB» zwischen SBB und der Stadt Burgdorf sowie weiteren Akteuren wie Busland AG und BLS AG in einer Projektgruppe gesteuert werde. Übergeordnete Themen wie Klimaschutz, Biodiversität, Stadthitzeminderung und Schwammstadt werden in die Planung einbezogen und koordiniert.
Fuss- und Langsamverkehr sowie öffentlicher Verkehr beanspruchen die Flächen im Bahnhofsareal, das spezifischen Vorschriften unterliegt. Das Prinzip Schwammstadt wird berücksichtigt und so weit als möglich umgesetzt. Dazu gehören Grünstreifen, Grünflächen und Bäume. Begrünungselemente sollen eine hohe Aufenthaltsqualität bewirken. Neben versiegelten Flächen seien 30 Prozent sickerfähige Beläge geplant. Doch der definitive Anteil könne erst bei der Realisierung bestimmt werden.  
Christian Hediger äusserte sich für die Grünen zufrieden mit den Antworten. Das Baugesuch liege aktuell noch beim Regierungsstatthalteramt, erklärte Rudolf Holzer, Leiter der Baudirektion, auf dessen Frage. Danach werde es öffentlich aufgelegt.

Kreditabrechnung Sanierung Scheunenstrasse; Strassen- und Kanalisationsbau
Die Sanierungsarbeitern an der Scheunenstrasse konnten im August 2022 abgeschlossen werden. Der SR hatte im Jahr 2020 für den Kanalisationsbau einen Kredit von 700 000 Franken und für den Strassenbau einen Kredit von 540 000 Franken genehmigt. Ebenfalls ersetzt oder saniert wurden Werkleitungen Gas, Wasser, Elektro und die öffentliche Beleuchtung. Die durchgeführten Arbeiten entsprechen grösstenteils den geplanten Massnahmen. Die Mehrausgaben betrugen in der Abwasserentsorgung rund 4800 Franken und im Strassenbau rund 64 000 Franken. Der Antrag wurde ohne Wortmeldungen einstimmig angenommen.

Personelle Veränderungen
Thomas Gerber hat nach 13 Jahren im Stadtrat auf Ende Januar demissioniert. Er war seit dem Jahr 2013 Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK), davon die letzten sieben Jahre als Präsident. Im Namen der SVP bedankte sich Mirjam Kalbermatten für sein engagiertes Wirken. Miriam Hosner-Abbühl (SVP) übernimmt seinen Sitz im SR. Als neues GPK-Mitglied wurde Jonas von Allmen (SVP) gewählt, als neuer Präsident der GPK der letztjährige Stadtratspräsident Yves Greisler (Die Mitte).
Die nächste Stadtratssitzung findet am Montag, 18. März 2024, um 19 Uhr statt.

Helen Käser

 


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote