Historisches Armeematerial der Schweiz – hautnah

  12.10.2015 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft

Geht man in den Ferien eine der Grossstädte Europas wie Wien oder London besuchen, so steht nicht selten ein Besuch in einem Armeemuseum auf dem Programm. In der Schweiz gibt es jedoch kein Armeemuseum, dafür existiert die dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) unterstellte Zentralstelle Historisches Armeematerial (ZSHAM). Die ZSHAM trägt die Gesamtverantwortung für die Sammlung des historischen Materials der Scheizer Armee. Zu diesem Zweck besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Stiftung für Historisches Material der Schweizer Armee (HAM), der Stiftung Historisches Armeematerial Führungsunterstützung (HAMFU) und der Stiftung Museum und Historisches Material der Schweizerischen Luftwaffe (MHMLW). Zusammen sind sie für die Konservierung des gesamten historischen Armeematerials der Schweiz zuständig.

Der Sammlungsbereich der Stiftung HAM mit den Schaulagerstandorten in Burgdorf und Thun und dem Material-
triagezentrum (MTZ) in Sumiswald umfasst dabei rund drei Viertel des gesamten Materials. In Burgdorf werden alle Fahrzeuge, von den Anfängen mit den pferdegezogenen Fuhrwerken über die Pneufahrzeuge verschiedenster Generationen bis hin zu den Raupenfahrzeugen gelagert. In Thun wird zum Beispiel die persönliche Ausrüstung der Soldaten wie Schuhe, Helme, Taschenlampen, Sackmesser, Kleider, Sanitätsmaterial etc. aufbewahrt.

Doch das Sammeln, Inventarisieren, Konservieren, Restaurieren und Dokumentieren sind nur ein Teil des Auftrags der HAM. Das Ausleihen und Zeigen des historischen Armeematerials gehört ebenfalls dazu. Ungefähr 3000 Personen werden Jahr für Jahr in individuellen, kostenlosen Führungen durch die Schaulager Thun und Burgdorf geführt. Mittels Kontaktformular auf der Webseite www.stiftung-ham.ch können sich Gruppen ab sechs Personen mindestens zwei Wochen zum Voraus für eine kostenlose Führung anmelden. Dabei kann ausgewählt werden, ob die ganze oder nur ein Teil der grossen Sammlung zusammen mit einer qualifizierten Begleitperson besichtigt werden soll. Der Tag der offenen Tür vom 17. Oktober 2015 soll nun allen Interessierten einen ersten oberflächlichen Einblick in die armeehistorischen Schätze, welche im AMP Burgdorf gelagert und gepflegt werden, ermöglichen und «gluschtig» auf eine Führung mit detaillierten Erklärungen der verschiedenen Ausstellungsstücke machen.

Das gibt es zu sehen: Halle eins, Zwischengeschoss
Betritt man die Halle, steht man vor einer Vielzahl von Lastwagen verschiedenen Alters, verschiedener Grössen und Hersteller. Interessant sind hier vor allem die drei verschiedenen Hersteller Berna, Saurer und FBW. Von aussen her betrachtet sind die drei nebeneinanderstehenden Lastwagen – bis auf den Schriftzug des Herstellers – identisch. Das Innenleben wie beispielsweise der Motor ist jedoch von Hersteller zu Hersteller verschieden. Rolf Hediger, Zuständiger für die Aufarbeitung der Raupenfahrzeuge: «Das merkt man dann auch beim Fahren der Lastwagen. Der FBW fährt sich etwas ruppiger als der Berna und der Saurer, was auf das etwas anders konzipierte Innenleben zurückzuführen ist. So betrachtet veranschaulicht unsere Sammlung nicht nur ausschliesslich die Geschichte der Schweizer Armee, sondern auch die Geschichte der Schweizer Industrie. Abgesehen von einigen in Amerika produzierten Fahrzeugen, welche nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder zurück nach Amerika transportiert, sondern den verschiedenen Armeen Europas verkauft wurden, handelt es sich bei allen ausgestellten Fuhrwerken, Pneu- oder Raupenfahrzeugen um von Schweizer Firmen hergestellte Produkte. Besonders bei den Traktoren fällt auf, wie viele verschiedene Hersteller es früher gegeben hat.»

Nebst den Lastwagen befinden sich jedoch noch eine Menge anderer interessanter Fahrzeuge in der Halle: Die gesamte Geschichte der Fahr- und Motorräder sowie unzählige pferdegezogene Fuhrwerke – darunter zahlreiche Einzelstücke wie etwa die Original-Sarglafette inklusive Beerdigungsbeschirrung des Sechsspänners von General Henri Guisan von 1960.

«Für die Konservierung solcher Einzelstücke ist es natürlich enorm wichtig, dass die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur sowie der Einfluss des Lichts im Auge behalten werden. Die Fuhrwerke wie beispielsweise die über 100-jährige Feldbäckerei bestehen zum grössten Teil aus Holz, aber auch Leder und Stoff, die moderneren Fahrzeuge dann vorwiegend aus Metall und Gummi. Wir haben in unseren Hallen glücklicherweise relativ stabile Bedingungen, was für die Konservierung über lange Zeit unumgänglich ist», meint Hediger.

Halle eins, Obergeschoss
Diese Halle ist zu grossen Teilen den Pneufahrzeugen gewidmet. Zahlreiche Personenwagen – verschiedene VW-Käfer, Chevrolets und Mercedes – verschiedenste VW-Busse mit unterschiedlichen Innenausstattungen, etliche KFOR-Fahrzeuge, modernere Feldmühlen und -bäckereien, Anhänger, um Operationsbesteck im Feld sterilisieren zu können, Stapler, Elektrofahrzeuge, eine mobile Brieftaubenvoliere, Traktore und noch vieles mehr. «Der Unterschied unseres Sammellagers zu einem Museum ist, dass 98% der hier ausgestellten Fahrzeuge noch fahrtüchtig sind, und regelmässig von zwei Pensio­nierten bewegt werden. Zudem gibt es nur wenige Informationstafeln und Absperrungen, und der Platz zwischen den Ausstellungsobjekten ist weniger grosszügig», meint Hediger.

Halle drei
Die dritte Halle gehört den Raupenfahrzeugen: Von den Anfängen der Kampfpanzer, Schützenpanzer und Panzerhaubitzen bis zu den heutigen Modellen können alle Zwischenstuffen der Entwicklung bestaunt werden. Zudem sind verschiedene Armee-Baumaschinen wie Bagger und Frontlader zu bestaunen.

Der Tag der offenen Tür
Am 17. Okober 2015 bietet sich nun die Gelegenheit, die 600 bis 700 ausgestellten Fahrzeuge zu bewundern. Die Sammlung ist von 10.00 bis 19.00 Uhr für alle Interessierten zugänglich. Für das leibliche Wohl wird eine Festwirtschaft mit Brot aus der Feldbäckerei besorgt sein. Die ganze Sammlung ist rollstuhlgängig und überdacht.

Felix Glauser


Weitere Informationen: Tag der offenen Tür, 17. Oktober 2015, 10.00 bis 19.00 Uhr, AMP Burgdorf an der Militärstrasse. Bushaltestelle: Burgdorf Ziegelei. www.stiftung-ham.ch.


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote